Ein Deutscher wird Chef von Pompeji

von Redaktion

Neapel – Die im Asche- und Lavaregen des Vesuv versunkene Stadt Pompeji wird unter normalen Umständen nicht nur von vier Millionen Menschen pro Jahr besucht, sie ist auch das Mekka der klassischen Archäologie. In Pompeji sind die Ursprünge unserer Zivilisation so gut dokumentiert wie an keinem anderen Ort, zugleich sind die Herausforderungen für Erhaltung und Dokumentation besonders hoch. Insofern kann man behaupten, dass Gabriel Zuchtriegel am Ziel angekommen ist, vorerst, mit nur 39 Jahren. Im Sommer wird der süddeutsche Archäologe die Generaldirektion des Archäologischen Parks in Pompeji bei Neapel übernehmen, vor Tagen gab der italienische Kultusminister Dario Franceschini diese Entscheidung bekannt.

Pompeji kennt die ganze Welt, über das Bauernhaus-Museum in Wolfegg bei Ravensburg kann man das nicht sagen. Doch um die noch junge Vita Zuchtriegels zu verstehen, ist Wolfegg ebenso wichtig wie Pompeji. Zuchtriegel, geboren 1981 in Weingarten und Sohn bayerischer Eltern, wurde als Schwabe sozialisiert. Als Kind besuchte er das Bauernhaus-Museum in Wolfegg, wo ihn nach eigenem Bekunden eine alte Türschwelle besonders beeindruckte. „Sie war so abgenutzt und ich fragte mich, wer da wohl schon drüber spaziert ist“, erzählt Zuchtriegel. Das Leben früherer Generationen faszinierte ihn, so kam er zur Archäologie. Zuchtriegel studierte Klassische Archäologie in Berlin und Bonn. 2010 folgte die Promotion. Zuchtriegel war an Grabungen in Pompeji und Selinunt auf Sizilien beteiligt, zwischen 2011 und 2015 lehrte und forschte er an der Universität der Basilikata in Matera zur griechischen Kolonie Herakleia. Die Magna Grecia und Süditalien kennt Zuchtriegel wie wenige andere Historiker, im vergangenen Jahr bekam er die italienische Staatsbürgerschaft.

Den ersten großen Karrieresprung machte der deutsche Archäologe im Jahr 2015. Kultusminister Franceschini bestellte ihn zum Leiter des Archäologischen Parks in Paestum, Zuchtriegel war schon damals der jüngste einer Handvoll Ausländer, die erstmals in die Leitung staatlicher Museen Italiens berufen worden waren

Bei der Berufung nach Paestum gab es, wie auch jetzt wieder, Skepsis angesichts seiner Unerfahrenheit. Aus Protest gegen seine Berufung traten nun zwei Mitglieder des vierköpfigen wissenschaftlichen Beirats der Generaldirektion in Pompeji zurück. „Ich werde mit Ergebnissen und Fakten antworten“, sagt Zuchtriegel mit leiser, aber entschiedener Stimme. An seiner Arbeit in Paestum gibt es kaum Einwände. Die Besucherzahlen gingen um 50 Prozent nach oben, mit ungewöhnlichen, die Lebenswirklichkeit erfassenden Aktionen, gelang die Integration des Archäologieparks in das schwierige süditalienische Umfeld. „Er hat Paestum in diesen Jahren verändert“, sagte Minister Franceschini bei der Vorstellung im römischen Kolosseum, dasselbe soll nun in Pompeji geschehen. Im Juni wird er seinen Job antreten.  jmm

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