Leontine von Schmettow entstammt selbst einem alten schlesischen Adelsgeschlecht und kennt sich bestens aus an Europas Höfen. Die Journalistin sah sich das Interview live an, hier ihre Einschätzungen.
Frau von Schmettow, ist das Tischtuch zwischen Harry und Meghan und den Royals nun endgültig zerschnitten?
Endgültig würde ich nicht sagen, aber das Interview war eine zusätzliche Belastung und verschärft die seit Längerem sehr schlechte Stimmung. Besonders das Verhältnis von Harry und seinem Vater Charles hat hier immens gelitten.
Warum speziell dieses?
Harry hat ihn namentlich in der Öffentlichkeit angegriffen, das hat mich erstaunt. Es ist nicht vorstellbar, dass Harry zu den anstehenden Feierlichkeiten – Prinz Philips 100. Geburtstag am 10. Juni und der 95. von Queen Elizabeth am 21. April – zu sehen sein wird.
Was war denn die Motivation von Harry und Meghan – Rache, Rechtfertigung, Hilfeschrei?
Ich glaube, das war in erster Linie Selbstverteidigung. Wir haben ein sehr verletzliches und verletztes Paar gesehen. Das war sehr emotional. Sie empfinden das, was sie gesagt haben, als wahr: Schaut, das ist unser Blick der Dinge, nicht der von anderen oder der britischen Boulevardpresse.
Was glauben Sie?
Ich glaube ihnen, doch die Motivation und sich so als Opfer darzustellen, gefallen mir immer noch nicht. Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Doch es gab sicher Versäumnisse vom Palast. Er hat völlig unterschätzt, dass mit Meghan eine junge, selbstbewusste Frau einzieht, die Karriere gemacht hat und im 21. Jahrhundert steht. Sie kann und will das gar nicht leisten, was der Hof voraussetzt. Aber auch Harry und Meghan haben Versäumnisse zu verzeichnen. Eines der größten war das jetzige Interview, das zum Großteil aus privaten Anschuldigungen bestand, wenn auch selten mit Namensnennungen.
Hätte Harry dieses typische US- Interview ohne Meghans Einfluss gemacht?
Da sollte man vorsichtig sein. Fest steht, dass es sehr geschickt war, auf die tragisch verunglückte Lady Diana anzuspielen, wie es Harry ja betont hatte. In den USA wird Diana sehr, sehr geschätzt als „Königin der Herzen“ – mehr als in Großbritannien. Harry erzählte etwa, dass Diana vorausgesehen hätte, was passieren würde und ihr jüngerer Sohn auf ihr Geld angewiesen sein werde – das war schon großes Kino.
Wie wird das Interview ankommen?
In den USA besser als in Großbritannien. Die Amerikaner lieben das öffentliche Äußern von Gefühlen, und mit einem Königtum können sie naturgemäß wenig anfangen. In ihrer Heimat wird die Queen sehr geschätzt – niemand gönnt ihr mit 94 Jahren, dass sie so viele Krisenschauplätze hat: den kranken Ehemann, den skandalösen Sohn Andrew und eben den Harry-Meghan-Komplex. Gerade der jetzige Zeitpunkt einer Attacke auf die Firma und die Queen nehmen dem Paar viele übel. Es gibt viele Stimmen, die fordern, dass Harry und Meghan alle Titel entzogen werden.
Wird das passieren?
Ich glaube nicht, das würde wie ein kleiner Rachefeldzug wirken. Als der Hof damals Diana den Titel „Königliche Hoheit“ aberkannte, hatte das Diana sehr getroffen. Der Hof wird diesen Fehler wohl nicht wiederholen.
Interview: Matthias Bieber