1600 Euro fürs Nichtstun – Stipendien für Kunstprojekt vergeben

von Redaktion

Hamburg – Eine brasilianische Aktivistin, die in ihrem Dorf Plastikmüll sammelt, eine Fernsehreporterin, die vier Wochen lang keine negativen Nachrichten mehr verbreiten will, und ein afro-amerikanischer Pastor, der nicht mehr hassen will: Die weltweite Resonanz auf die Ausschreibung für das mit einmalig 1600 Euro dotierte Stipendium für Nichtstun der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) hat Initiator Friedrich von Borries positiv überrascht: „Ich bin total happy, umgangssprachlich würde man sagen „geflasht““, sagte Borries.

„Das Stipendium will die Mechanismen des Leistungsdenkens hinterfragen und dazu einladen, über die Verbindung der eigenen Lebenswirklichkeit mit dem Klimawandel und den gesellschaftlichen und politischen Strukturen nachzudenken“, erklärt Borries. Aus den 2864 Bewerbern aus 70 Ländern hat die Jury nun drei Gewinnerinnen ausgewählt – zufällig alles Frauen und zufällig alle aus Deutschland. Ihre Vorhaben und alle weiteren Einreichungen sind bis zum 18. Juli im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) in der Ausstellung „Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben“ zu sehen.

„Ich werde mein Kopftuch eine Woche nicht tragen“, sagt die muslimische Feministin Hilistina Banze. Die Sozialpädagogin und Integrationsberaterin aus Hamburg möchte ihr auf drei Millimeter kurz rasiertes Haar zeigen und so gleich mehreren Rollenklischees entgegentreten. Damit setze die 31-Jährige sich – wie viele andere Bewerber auch – mit den Erwartungen und Rollenbildern auseinander, die insbesondere an Frauen herangetragen werden. Mia Hofner, Studentin aus Köln, will für zwei Wochen keine verwertbaren, personenbezogenen Daten über sich generieren. Das bedeutet umfangreiche Einschränkungen für die 26-Jährige: Kein Smartphone nutzen, keine E-Mails abrufen, nicht online shoppen – allesamt Tätigkeiten, auf die auch viele andere Bewerber verzichten möchten, weil sie zu viel Energie verbrauchen, soziale Beziehungen belasten und zum Konsum verleiten.

Und Kimberley Vehoff, Fachkraft für Lebensmitteltechnik aus Bad Fallingbostel, will ihren Beruf nicht mehr ausüben, weil ihre sozialen Beziehungen unter wechselnden Früh-, Spät- und Nachtschichten leiden.

Die Ausstellung „Schule der Folgenlosigkeit. Übungen für ein anderes Leben“ möchte die Besucher animieren, darüber nachzudenken, wer sie sind und was in ihrem Leben wichtig ist. „Wir leben in einer Zeit, in der wir darauf getrimmt sind, Erfolg zu haben. Alles, was wir tun, soll möglichst folgenreich sein“, sagt Borries. „Aber dieses Denken hat in die ökologische und soziale Krise geführt, in der wir heute leben und unter der sehr viele Menschen leiden.“

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