Coolibah – In einem abgelegenen Gebiet im Norden Australiens versteckt sich die Krokodilfarm des Luxusgüterherstellers LVMH – in der Regensaison von November bis März zugänglich nur per Hubschrauber. Hier in Coolibah im Northern Territory lässt der französische Konzern Krokodile einer Rasse züchten, die sich wegen ihrer kleinen Schuppen ideal zur Herstellung von Leder-Handtaschen eignet.
In den vergangenen zehn Jahren waren LVMH und auch Hermès zur Sicherung des Nachschubs bei ständig steigender Nachfrage auf Einkaufstour in Australien. Inzwischen gehört den beiden französischen Unternehmen die Mehrheit der Krokodilfarmen in dem Land.
In der Legezeit der Reptilien herrscht Hochbetrieb auf der Farm: Rund 4000 Krokodil-Eier werden in der Umgebung jedes Jahr gesammelt und nach Coolibah gebracht, wo sie bis zum Schlüpfen in Inkubatoren bleiben. Nach dem Schlüpfen werden die kleinen Krokodile in Brutanlagen gebracht. In den geschlossenen, teilweise mit Wasser gefüllten Tanks bleiben sie in Gruppen von 30 bis 40 Tieren für rund neun Monate und werden sechs Mal wöchentlich mit gehacktem Känguru-Fleisch gefüttert. Das dritte und letzte Jahr ihres Lebens verbringen die Reptilien in Gitter-Einzelgehegen, um zu verhindern, dass ihre Haut Spuren von Bissen oder Kratzern davonträgt. Am Ende werden sie wie Rinder mit einem Bolzenschuss getötet. Die Häute werden anschließend nach Singapur geschickt in eine Gerberei, die LVMH 2011 erwarb, um alle Marken des Konzerns – wie Louis Vuitton, Bulgari und Hermès – mit Leder zu versorgen. Trotz stetig wachsender Nachfrage gerät die Verwendung exotischer Leder in der Luxusindustrie jedoch immer mehr in die Kritik. Immer wieder gibt es Demonstrationen.
Große Marken wie Chanel verzichten inzwischen auf exotische Leder. Alexandre Capelli von der Umwelt-Abteilung von LVMH erklärt hingegen, der Konzern lasse seinen „Marken die Freiheit, diese Materialien zu verwenden, und den Kunden die Freiheit, sie zu kaufen“. GRÉGORY PLESS