London – Dutzende stehen für einen Haarschnitt an oder für Klamotten, andere genießen ein erstes Pint Bier im Regen: Nach Monaten im Corona-Lockdown haben in England wieder Geschäfte, Friseure und Biergärten geöffnet. Es ist der erste große Schritt auf der von Premierminister Boris Johnson angekündigten „Einbahnstraße in die Freiheit“. Herrschte noch vor wenigen Monaten Corona-Chaos, hat sich Großbritannien mittlerweile zum Vorreiter im Kampf gegen die Pandemie gewandelt.
Möglich sind die Öffnungen wegen der deutlich niedrigeren Neuinfektionen, die vor allem dem raschen Fortschritt des Impfprogramms zu verdanken sind. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei knapp 30 Fällen pro 100 000 Einwohnern; mehr als 32 Millionen Menschen –weit mehr als die Hälfte der Erwachsenen – haben eine erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Johnson rief seine Landsleute jedoch auf, vorsichtig zu bleiben und nicht über die Stränge zu schlagen. Kontaktbeschränkungen bleiben in Kraft, Auslandsurlaub sowie Treffen in geschlossenen Räumen verboten. Die ersten Kosmetikstudios und Friseure öffneten bereits um Mitternacht. Auch die ersten Gaststätten hatten früh auf und meldeten Hochbetrieb. Freie Plätze waren rar – seitdem Johnsons Lockerungs-Fahrplan bekannt ist, meldeten landesweit Pubs ausgebucht. „Es schmeckt fantastisch – und wird nicht lange halten“, sagte Pippa Ingram, als sie in Ramsgate am Ärmelkanal den ersten Schluck von ihrem Pint nahm.
Die Wirtschaft zeigte sich erleichtert über den Öffnungsschritt. Das legen auch Zahlen des Daten-Dienstleisters Altus Group nahe: Mehr als 400 000 Geschäfte dürfen öffnen, außerdem 20 700 Friseure, 4162 Fitnessstudios, 65 Zoos und Safariparks sowie 75 Freizeitparks. Auch Urlaub im Inland ist wieder möglich, dafür stehen 63 500 Ferienwohnungen bereit. Auch in anderen Gebieten des Vereinigten Königreichs wurden manche Regeln gelockert. Wales gestattet nun wieder nicht notwendige Reisen in andere Landesteile und in Nordirland hoben die Behörden die „Stay at Home“-Anordnung auf – Schüler gehen wieder in die Schulen.