Stockholm – Das kennt jeder von eigenen Beobachtungen: Oft sind sich Hunde und ihre Halter verblüffend ähnlich. Gepflegte, sportliche Herrchen und Frauchen haben oft entsprechende Vierbeiner. Genauso ähneln übergewichtige, verstrubbelte Hündchen oft ihren Besitzern. Doch laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der schwedischen Universität Linköping geht die Ähnlichkeit zwischen Hundehaltern und ihren Tieren weit über das Äußerliche hinaus. Und zwar bis tief in die Psyche. Hundebesitzer, die an ständigem Stress leiden, stecken ihre Hunde damit an. Allerdings sind besondere Hunderassen anfälliger als andere, so das wichtigste Ergebnis der Studie.
Um das Stressniveau von Hundehalterinnen und ihren Hunden zu messen, wurden regelmäßig Haarproben von beiden entnommen. Im Haar kann der Stresslevel über mehrere Monate aus der Vergangenheit an der Ablagerung des Hormons Kortisol gemessen werden.
Die Wissenschaftler untersuchten dabei drei unterschiedliche Hunderassen. Die eine bestand aus Hütehunden, wie etwa britische Border Collies und Schäferhunde. Hütehunde wurden ursprünglich von Hirten zum Hüten von Nutztieren wie Schafen eingesetzt.
Die zweite Sorte bestand aus selbstständigen Jagdhunden und die dritte Gruppe aus Hunden, die vom sibirischen Husky abstammen oder ähneln. Die deutlichen Unterschiede bei der Stressansteckung der Hundearten durch ihre Besitzer verblüfften die Forscher.
„Vor allem die Hütehunde waren besonders auffällig. Sie wurden viel mehr vom Stress ihrer Besitzer und auch deren Persönlichkeit im Allgemeinen beeinflusst, als die beiden anderen Arten“, fasst Studienleiterin Lina Roth, Assistenzprofessorin für Zoologie, zusammen. Je wilder die Rassenabstammung, desto entspannter blieben die Vierbeiner, trotz ihrer ständig gestressten Herrchen oder Frauchen. Sibirische Huskys etwa zeigten sich als besonders entspannt. Die genetisch teils von Wölfen abstammenden Vierbeiner und auch andere wildere Rassen waren am stressresistentesten. Ihnen macht die Nervosität, der ständige Stress ihrer Besitzer gar nichts aus, zeigten die Haarproben mit sehr wenig Kortisolgehalt im Vergleich zum sehr hohen Kortisolgehalt im Haar einiger der Hundebesitzer.
Gerade Hütehunde seien für eine sehr enge Zusammenarbeit mit ihren Herrchen gezüchtet worden, so Roth gegenüber dem öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehen SVT. Deshalb sei es nachzuvollziehen, dass sie die Gefühle ihrer Besitzer besonders schnell und deutlich aufnehmen und dementsprechend in Mitleidenschaft gezogen werden.
Jagdhunde hingegen liegen in der Mitte bei ihrer Feinfühligkeit dem Menschen gegenüber, weil sie zum einen zur selbstständigen Jagd gezüchtet wurden. Sie sollen die Tiere im Wald, etwa schwedische Elche, Richtung Jäger treiben, zum anderen aber auch Befehlen strickt Folge leisten.
Zudem fanden die Wissenschaftler heraus: Die Beziehung zwischen Hund und Besitzer ist fast gänzlich ausschlaggebend dafür, wie gestresst die Vierbeiner werden. „Überraschenderweise haben andere Faktoren, wie etwa die Wohnumgebung oder die Familienkonstellation im Haushalt des Hundes, dessen Stressniveau überhaupt nicht tangiert“, so die Zoologin Roth. Es spielte keine Rolle, ob die Hunde in einer Stadtwohnung lebten, ob sie häufig in Hundeauslaufgebieten Zeit verbrachten oder in einem Haus mit Garten auf dem Lande. Für das Stressniveau sei einzig die Beziehung zum Herrchen ausschlaggebend, ergibt die Studie.
Vermutlich sollten Menschen, die ständig gestresst und nervös sind, zumindest laut dieser Studie erwägen, sich einen Hund von wilderer Abstammung anzuschaffen. Es sei denn, Herrchen oder Frauchen wünscht sich ausdrücklich einen vierbeinigen Leidensgenossen. A. ANWAR