Meghan Gregonis ist seit Juli 2018 Generalkonsulin der Vereinigten Staaten in München. Sie kam als Vertreterin der umstrittenen Trump-Regierung, dann kam erst Corona und schließlich der Regierungswechsel. Jetzt verlässt Gregonis München in Richtung Dubai. Ein Gespräch über Diplomatie in herausfordernden Zeiten.
Frau Generalkonsulin, die wichtigste Aufgabe einer Diplomatin lautet: Kontakte knüpfen. In Zeiten von Corona klingt das fast unmöglich…
Persönliche Treffen waren oft unmöglich – aber die Gespräche nicht. Wir haben neue Möglichkeiten der Kommunikation gefunden – dank moderner Technik. Es hat nur eine Woche gedauert, bis wir uns neu aufgestellt hatten. Inzwischen können wir durch digitale Formate größere Gruppen erreichen als vorher. Sogar den Unabhängigkeitstag am 4. Juli haben wir digital gefeiert.
Ihre Zeit hier endet jetzt. Haben Sie durch Corona Dinge verpasst, die sie gerne gemacht hätten?
Die persönlichen Gespräche fehlen natürlich. Und ich hätte gerne noch mehr von Bayern gesehen. . .
. . .oder ein zweites und drittes Mal das Oktoberfest besucht?
Absolut! Das Oktoberfest ist wirklich sehr speziell. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es eine solche Atmosphäre. Für uns im Konsulat ist das immer eine sehr arbeitsreiche Zeit, weil wir uns auch darum kümmern, das die vielen US-Amerikaner eine sichere Wiesn erleben.
Gab es ein Lieblingsprojekt in Corona-Zeiten?
Viele. Zum Beispiel die Transatlantic Innovation Week und die Lichtinstallation von Berkan Karpat und Rainer Ludwig. Damit umrahmen wir das Stück der Berliner Mauer direkt vor unserem Konsulat. Wir hatten die Stahl-Licht-Skulptur zum 30-jährigen Jubiläum der Einheit aufgestellt und hoffen nun, dass sie dauerhaft bleiben kann.
Sie haben zunächst für die Trump-Regierung gesprochen, die in Deutschland sehr unbeliebt war. Jetzt regiert Joe Biden, und die Dinge entspannen sich. Wie hat das Ihre Arbeit verändert?
Die republikanische und die demokratische Administration verfolgen sehr unterschiedliche Ansätze. Meine drei Jahre hier waren wirklich von starken Kontrasten geprägt – mit und ohne Covid 19. Zur den ersten beiden Sicherheitskonferenzen hatten wir die größten US-Delegationen aller Zeiten in München. Dieses Jahr gab es nur eine virtuelle Konferenz, dafür sprach erstmals der US-Präsident. Es war generell Flexibilität gefragt.
Ist das Leben als Diplomatin einfacher, wenn der Chef nicht ganz so undiplomatisch ist…?
(lacht) Das Leben ist nie leicht als US-Diplomatin. Man muss in einem anderen Land die US-Sicht der Dinge vertreten. Das gilt genauso auch für die Biden-Administration.
Bei Nordstream 2 hat die neue Administration den Kurs etwas gelockert…
Unsere grundsätzliche Position hat sich nicht geändert: Wir sehen die Pipeline als ein schlechtes Geschäft für Deutschland und für Europa. Wir werden weiterhin mit Deutschland und unseren europäischen Verbündeten über Möglichkeiten sprechen, wie sie unsere Bedenken über die Risiken der Pipeline ausräumen können. Die Regierung wird aber ihre Unterstützung für die europäische Energiesicherheit und die Sicherheit der Ukraine, der mittel- und osteuropäischen Frontstaaten und der Bündnispartner fortsetzen.
Bleiben Sie auch dabei: Deutschland muss mehr für Militär ausgeben?
Wir verlangen, dass Deutschland seine Zusagen einhält. Schließlich hat jedes Nato-Land hat zugesichert, zwei Prozent des Bruttosozialproduktes für Verteidigung auszugeben. Aber es geht nicht nur ums Geld. Es geht darum, dass jedes Land militärische Fähigkeiten in eine gemeinsame Verteidigung einbringt.
Ist die Drohung, US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen, echt vom Tisch?
Es gab ja inzwischen die Ankündigung, die Truppen in Deutschland sogar um 500 Soldatinnen und Soldaten auszubauen. Das ist ein klares Zeichen für die Partnerschaft mit Deutschland.
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Wegen Corona waren Sie zwar nicht so viel im Freistaat unterwegs wie Ihre Vorgänger. Der Unterschied: Sie haben Bayern mit dem Fahrrad erkundet.
Oh ja. Ich habe für Sie nachgerechnet: Seit ich in Bayern angekommen bin, bin ich mit meinem Mann 18 000 Kilometer durch den Freistaat geradelt, vor allem durch Oberbayern. Und das beinhaltet noch nicht die drei Alpenüberquerungen. Zweimal mit einem Mountainbike. Einmal bin ich mit einem Straßenrad an einem Tag von Rosenheim an den Gardasee gefahren.
An einem Tag?
Ja, wir sind morgens um 5 Uhr losgefahren und um 20 Uhr angekommen (lacht). Am nächsten Tag ging es zurück, wir sind aber nur bis Innsbruck gekommen. Dann wurde es dunkel.
Interview: Mike Schier und Christian Deutschländer