Ende der HIV-Pandemie in weiter Ferne

von Redaktion

40 Jahre Aids: UN fordern mehr Anstrengungen – Positive leben immer noch mit Angst und Stigma

Genf – Bis 2030 will die Weltgemeinschaft die HIV-Pandemie beenden – aber sie droht bei diesem Ziel zu scheitern. Davor warnte das UN-Programm UNAIDS zum 40. Jahrestag der ersten Beschreibung der damals mysteriösen Krankheit. Das liegt nicht nur an der Corona-Pandemie, die vielerorts Ressourcen verschlungen hat und verhinderte, dass Menschen sich testen ließen oder Medikamente abholten. Seit einigen Jahren werden weniger internationale Gelder zum Kampf gegen HIV aufgebracht. Deshalb sollen bei der 5. UN-Aids-Konferenz kommende Woche in New York neue Weichen gestellt werden.

„Alle bis 2020 gesteckten Ziele sind verfehlt worden. Die Zeit wird knapp, um Aids bis 2030 zu beenden“, heißt es in dem Bericht. 1,5 Millionen Menschen infizierten sich 2020 nach Schätzungen mit dem Virus. Eigentlich sollte die Zahl unter 500 000 gedrückt werden. Damit steigen auch auf Jahre hinaus die Kosten, um die Aids-Pandemie zu beenden, weil Infizierte ihr Leben lang Medikamente brauchen.

Die Exekutivdirektorin von UNAIDS, Winnie Byanyima, glaubt, dass die Corona-Pandemie die Welt wachgerüttelt hat. „Covid hat Politikern vor Augen geführt, wie verletzlich wir sind, wie das Wirtschaftsleben stillsteht, wie Menschen sterben“, so Byan-yima. Daher müsse es auch eine neue Dynamik beim Kampf gegen Aids geben. Sie sei vorsichtig optimistisch, dass die Beendigung der Aids/HIV-Pandemie möglich ist.  Der 40. Jahrestag bezieht sich auf den 5. Juni 1981, als die US-Gesundheitsbehörde CDC erstmals über Fälle einer Immunschwäche bei jungen Männern berichtete, die offenbar nach sexuellem Kontakt krank geworden waren. Ein höheres Risiko einer Infektion haben nach Angaben von UNAIDS Männer, die Sex mit Männern haben, Prostituierte und Transgenderfrauen sowie Menschen, die Drogen spritzen. Seit 1981 sind nach Schätzungen weltweit fast 35 Millionen Menschen an Komplikationen durch Aids gestorben. Durch das neue Coronavirus starben nach WHO-Daten bisher rund 3,6 Millionen Menschen.

Die drei UN-Ziele zur Bekämpfung der HIV-Pandemie bis 2020 waren: 90 Prozent aller Betroffenen sollten über die Infektion Bescheid wissen, 90 Prozent der Diagnostizierten sollten eine antiretrovirale Therapie bekommen und 90 Prozent der Behandelten sollten so gut eingestellt sein, dass das Virus nicht mehr nachweisbar ist. Tatsächlich lagen die Zahlen aber Ende 2020 bei nur 84 Prozent, 73 Prozent beziehungsweise 66 Prozent.

Auch in Deutschland wird das erste Ziel nicht erreicht. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts stieg die Zahl der Menschen mit einer HIV-Infektion bis Ende des Jahres 2019 auf 90 700. Etwa 10 800 dürften noch nichts davon wissen. Die anderen beiden Ziele sind erreicht: Der Anteil der Personen mit HIV-Infektion, die eine antiretrovirale Therapie erhalten, lag 2019 bei 97 Prozent, der Anteil der erfolgreichen Therapien bei 96 Prozent.

Stigma und Diskriminierung erschweren den weltweiten Kampf gegen HIV und Aids. Immer noch kriminalisieren rund 70 Länder Homosexualität und Prostitution. „Das treibt Betroffene in den Untergrund, und dann lassen sie sich seltener testen oder werden nicht behandelt“, sagt Winnie Byanyima. Auch hierzulande erlebt nach einer Umfrage der Deutschen Aidshilfe gut die Hälfte der HIV-Positiven immer noch Diskriminierung. „Menschen, die mit HIV leben, sind jeden Tag damit konfrontiert: Sag ich’s dem Arbeitgeber und den Freunden? Wenn ich jemand kennenlerne, soll ich es sofort sagen?“, sagt Annette Haberl von der Deutschen Aids-Gesellschaft. Auch im medizinischen Bereich gebe es nach wie vor Vorurteile. „Die Suche nach einem Zahnarzt kann schwierig sein. Und es gibt immer die Angst vor Ablehnung, die die Menschen begleitet.“

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