Bayerische Völkerverständigung

von Redaktion

Tegernseer Braumeister braut seit 2004 sein Bier am japanischen Berg Fuji

Fujinomiya – Japans heiliger Berg Fuji lugt kurz hinter dichten Wolken hervor, während an seinem Fuße zünftige bayerische Volksmusik dudelt. „Yokoso, irasshaimase“ („Herzlich willkommen, treten Sie ein“), begrüßt Stephan Rager (55) seinen Gast auf Japanisch vor einem Foto, das den Bayern vom Tegernsee mit dem damaligen japanischen Kronprinzen und heutigen Kaiser Naruhito zeigt. Daneben zieren Bierhumpen und Flaschen mit dem Etikett „Bayern Meister Bier“ die Theke. So heißt Ragers Brauerei. Er ist der einzige deutsche Brauereibesitzer im Land der aufgehenden Sonne. Sein Bier braut er nach deutschem, genauer gesagt nach bayerischem Reinheitsgebot. Mit dem Wasser vom Fuji. „Das ist das beste Wasser zum Bierbrauen in ganz Japan“, schwärmt der Mann aus Bad Wiessee mit bayerischem Akzent. Alles begann Mitte der 90er-Jahre. Um die Wirtschaft anzukurbeln, erleichterte Japan damals die Gründung kleiner Brauereien. Viele Anlagen wurden aus der traditionellen Bierhochburg Deutschland in den Inselstaat verkauft. Zugleich waren deutsche Braumeister gefragt, um den Aufbau solcher Gastbrauereien in Japan zu leiten, das Personal zu schulen und natürlich Bier zu brauen. „So bin ich hierhergekommen“, erinnert sich Stephan Rager an den Beginn seines Japan-Abenteuers.

In Fujinomiya, dem Heimatort seiner Frau Yukari am Fuße des Weltkulturerbes Fuji, pachtete das Ehepaar ein paar Jahre später die ehemalige Lagerhalle eines Sake-Herstellers und baute dort komplett in Eigenarbeit eine eigene kleine Bierbrauerei mit angeschlossenem kleinen Restaurant auf. Im Sommer 2004 war der Start. Seither braut Rager sein „Bayern Meister Bier“, streng nach dem bayerischen Reinheitsgebot. „Wir nehmen ausschließlich Wasser, Hopfen, Malz und Hefe, so wie die meisten Brauereien in Deutschland auch“, erzählt der Bayer stolz und blickt auf seine drei glänzenden Kupferkessel. Die Zutaten importiert er fast ausschließlich aus Deutschland. Aus diesen wird die Maische, eine Zwischenstufe des Biers aus Hopfen und Malz, in Edelstahltanks gepumpt und mit Hefe versetzt. Nach der Gärung fließt Ragers Bier schließlich in die Flaschen. Vier Hauptsorten hat er dabei im Angebot: ein Pils namens Prinz, sein Weizen namens Edelweiße und zwei wechselnde Saisonbiere. Rager ist im Land der aufgehenden Sonne ein Nischenanbieter. Dominiert wird der Biermarkt von den vier Großbrauereien Kirin, Asahi, Suntory und Sapporo, die zusammen einen Marktanteil von über 95 Prozent haben. Während diese rund um die Uhr fast nur Dosenbier produzieren, füllt „Bayern Meister Bier“ coronabedingt ein bis zwei Mal im Monat ausschließlich in Flaschen ab. Zwar hätten die meisten Braumeister der großen japanischen Brauereien auch in Deutschland gelernt, dennoch brauten sie nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot, erklärt Rager. Vor wenigen Jahren wurde die Definition von Bier sogar nochmals verwässert. Seither darf man ein Getränk in Japan auch dann noch Bier nennen, wenn der Malzgehalt nur mehr 50 Prozent beträgt.

Zudem sind als Gewürz nicht nur Hopfen erlaubt, sondern auch Zutaten wie Fisch, Krebsextrakt oder Tomatensaft. „Alles, was man sich nicht vorstellen kann, ist drin“, sagt Rager und fügt mit Augenzwinkern hinzu: „Teils heftig. Ob es schmeckt, muss jeder selbst entscheiden.“ Von einer wirklichen Bierkultur könne man in Japan ohnehin nicht sprechen. „Allgemein wird geglaubt, Japaner seien große Biertrinker. Doch das muss man ganz klar revidieren“, sagt der Bayer. Zwar seien in Japan Oktoberfeste beliebt. So sehr, dass es sie von Frühjahr bis Herbst überall im Inselreich gibt. Doch während in Deutschland jährlich pro Kopf um die 99 Liter Bier getrunken werde, seien es in Japan gerade mal etwa 39 Liter. LARS NICOLAYSEN

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