Wie sicher ist New York?

von Redaktion

Der U-Bahn-Anschlag stellt das Sicherheitskonzept der Stadt infrage – Verdächtiger gefasst

New York – Als der frisch gewählte New Yorker Bürgermeister Eric Adams am 1. Januar diesen Jahres mit der U-Bahn zu seinem Arbeitsplatz fuhr, bekam der Demokrat hautnah einen ersten Eindruck von den Realitäten im „Big Apple“. Schon an der ersten Haltestelle musste er den Notruf 911 wählen, weil er eine Prügelei beobachtet hatte. Im Abteil wurde er dann mit einem offensichtlich unter Drogen stehenden Mann konfrontiert, der andere Passagiere anschrie. „An meinem ersten Tag habe ich mich unsicher gefühlt“, gestand Adams wenig später Reportern – und machte es zum Teil seiner Agenda, den Bürgern eine sorgenfreie Fahrt per U-Bahn zu ermöglichen.

Der Anschlag am Dienstag in einem U-Bahn-Abteil im Stadtteil Brooklyn mit mindestens 23 Verletzten hat nun nicht nur das Sicherheitskonzept der Stadtväter torpediert, die derzeit mit einer massiven Kampagne für die Rückkehr von Touristen nach dem Höhepunkt der Covid-Pandemie werben. Das Attentat bringt auch die grundsätzliche Frage auf die Tagesordnung: Wie sicher ist New York für seine Bürger und Besucher aus aller Welt, die vorzugsweise öffentliche Verkehrsmittel benutzen?

Nachdem Mitte Februar an einem einzigen Wochenende allein sechs Menschen im U-Bahn-System durch Messerstecher verletzt worden waren, hatte Adams angekündigt: Die Zahl der Polizisten und Sozialarbeiter, die sich um in den Abteilen schlafende Obdachlose kümmern sollen, werde deutlich erhöht. Am Dienstag legte der derzeit an Corona erkrankte Demokrat nach. Er werde ab sofort die Zahl der Cops in der U-Bahn verdoppeln, so Adams.

Trotz aller Dramatik – die New Yorker waren beim jüngsten Anschlag im Pendlerzug noch glimpflich davongekommen. Denn die am Tatort gefundene halbautomatische Pistole des Typs Glock, die der Tatverdächtige Frank R. James (62) ebenso wie Rauchgranaten mit in das Abteil gebracht hatte, wies nach zwei Runden von 33 Schüssen Ladehemmung auf. Im allgemeinen Chaos konnte der Mann, der eine Gasmaske trug, entkommen. Laut Adams wurde der 62-Jährige gestern in Manhattan auf offener Straße ohne Widerstand festgenommen.

Zum Motiv gibt es noch keine Klarheit. Auffällig ist allerdings, dass es sich bei einem Teil seiner Opfer um Asiaten handelt. Bürger dieser ethnischen Herkunft waren in der jüngeren Vergangenheit immer wieder in New York nicht nur in der U-Bahn, sondern auch auf offener Straße die Opfer von Hass-Attacken geworden, die überwiegend, wie in anderen US-Metropolen, von Farbigen ausgeführt wurden. Allein 2021 gab es 133 solcher Angriffe, die vermutlich auch durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurden. Ob also eine rassistische Komponente den Täter zu den Schüssen animierte, werden erst die Ermittlungen klären können.

Abseits der Gewalttaten im U-Bahn-System hat New York seit letztem Monat einen weiteren Anstieg von Verbrechen gesehen. Adams nannte als Grund einen „Flaschenhals“ im Justizsystem der Stadt, der es Verdächtigen erlaube, bis zu einem Verfahren und länger als bisher üblich ohne die Pflicht von Kautionsleistungen auf freiem Fuß zu bleiben. Neben einer Erhöhung der Polizeipräsenz will Bürgermeister Adams auch Zivilstreifen verstärken, die sich ungesetzlichen Waffenbesitzes widmen sollen. Eine solche Abteilung war noch von seinem Vorgänger Bill de Blasio aufgelöst worden, nachdem es entsprechende Forderungen der „Black-Lives-Matter“-Bewegung gegeben hatte.

Doch dann folgte im Januar 2022 die Ermordung von zwei New Yorker Polizisten in Harlem durch einen farbigen Serien-Straftäter bei einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt. Auch will Adams durchsetzen, dass Obdachlose nicht länger U-Bahn-Abteile als Schlafplatz nutzen – zumal es immer wieder Konfrontationen zwischen Wohnsitzlosen und Passagieren gegeben hat.

FRIEDEMANN DIEDERICHS,DPA

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