„Ich habe viele Fehler gemacht“

von Redaktion

Sänger Xavier Naidoo rudert zurück – Unterschiedliche Reaktionen auf sein Video

Berlin – Er trat mit sogenannten Reichsbürgern auf, verbreitete krude Theorien, judenfeindliche Sätze und polarisierende Äußerungen zur Corona-Pandemie: Doch jetzt hat sich der umstrittene Sänger Xavier Naidoo in einem Video von all seinen Verschwörungserzählungen distanziert. Der 50-Jährige sagte, er habe sich verrannt.

Einst gehörte Xavier Naidoo mit Songs wie „Dieser Weg“ und „Sie sieht mich nicht“ zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Popmusikern. Naidoo gewann viele Preise, darunter mehrere Echos.

Doch in den vergangenen zwei Jahren machte der Sänger nur mit kruden Verschwörungstheorien statt mit neuen Hits auf sich aufmerksam. Naidoo trat auf Demonstrationen mit Reichsbürgern auf und avancierte dort zur prominenten Vorzeigefigur. RTL warf ihn 2020 nach rassistischen Songzeilen aus der DSDS-Jury und 2021 urteilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass er als Antisemit bezeichnet werden darf.

Unter Tränen spekulierte Naidoo in einem YouTube-Video, die Corona-Pandemie sei nur ein Vorwand, um Kinder aus den Händen pädophiler Elite-Netzwerke zu befreien. Die Kinder würden entführt, um ihr Blut als Anti-Aging-Produkt zu verwenden. Und noch im November schwurbelte er auf seinem Telegram-Kanal, der wahre Zweck der Corona-Impfung könne darin bestehen, Menschen in Zombies zu verwandeln und eine Apokalypse auszulösen.

Doch nun die Wende: In dem gut dreiminütigem Video, das Naidoo am Dienstagabend auf YouTube veröffentlichte, zeigt er sich geläutert. „Ich war von Verschwörungserzählungen geblendet und habe sie nicht genug hinterfragt“, sagt er mit traurigem Blick. Er habe sich instrumentalisieren lassen und den Bezug zur Realität verloren. Und weiter: „Ich habe Dinge gesagt und getan, die ich heute bereue.“

Auslöser für den Sinneswandel sei der Krieg in der Ukraine gewesen. Die brutale russische Invasion habe ihn bestürzt, die Menschenverachtung aufgerüttelt. Seine Frau komme aus der Ukraine, sie habe Familie dort, die sie nun nach Deutschland geholt habe. Er habe viel mit Betroffenen gesprochen, die ihn mit seinen Äußerungen konfrontierten. Erst dann habe er begonnen zu reflektieren, seine Ideologien und Theorien zu hinterfragen: „Dabei habe ich erkannt, auf welchen Irrwegen ich mich teilweise befunden habe. Und dass ich in den letzten Jahren viele Fehler gemacht habe.“

Vor allem von rechten Extremen wolle er sich distanzieren. „Ich stehe für Toleranz, Vielfalt und ein friedliches Miteinander. Nationalismus, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus sind mit meinen Werten nicht vereinbar. Und ich verurteile diese aufs Schärfste.“

In den sozialen Medien gehen die Meinungen über den plötzlichen Sinneswandel auseinander. Vielen reichten die Ausführungen nicht, andere glauben, dass vor allem finanzielle Aspekte dahinter stecken. „Die ersten großen Tourneen in Deutschland seit über zwei Jahren sind wieder möglich! Da kann man sich schon mal entschuldigen“, spottet Comedian Ingmar Stadelmann auf Twitter. In der Szene der Verschwörungserzähler ist die Empörung indes groß. Einige wittern hinter Naidoos Beichte sogar schon wieder die nächste Verschwörung. Attila Hildmann, prominenter Vorreiter der Querdenkerszene, spricht von Verrat: „Hier ist gerade ein ganz Großer eingeknickt, von dem ich eigentlich einiges gehalten habe.“

Publizist Max Czollek wiederum sieht es unterm Strich positiv: Er twitterte: „Am Ende ist es mir egal, ob Xavier Naidoo durch Geldmangel, öffentlichen Druck oder echte Einsicht zur Erkenntnis gekommen ist, dass sein menschenverachtendes Verschwörungszeug Unsinn ist. Die Szene hat ihre prominenteste Stimme verloren. Und das ist ein Grund zum Feiern.“ CLAIRE WEISS,BE

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