Braunschweig/London – Sie geben nicht auf – auch nach 15 Jahren nicht: Die Eltern von Madeleine McCann klammern sich an den Gedanken, dass ein Wiedersehen mit ihrer vermissten Tochter möglich bleibt. „Auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering sein sollte, haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Madeleine noch immer am Leben ist und wir mit ihr vereint werden“, schrieb das Paar vor wenigen Tagen.
Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährige Madeleine aus Großbritannien – auch Maddie genannt – aus einem Ferienappartement im portugiesischen Praia da Luz. Die Eltern hatten Maddie und ihre beiden jüngeren Geschwister im Appartement gelassen, als sie in einem nahe gelegenen Restaurant mit Freunden zu Abend aßen. Regelmäßig schauten sie nach den Kindern – bis die Mutter plötzlich entsetzt feststellte: Maddies Bett war leer und die Terrassentür stand offen. Seitdem fehlt von dem Mädchen jede Spur.
Mutter Kate und Vater Gerry McCann standen zwischenzeitlich sogar selbst unter Verdacht. Die portugiesischen Ermittler vermuteten, Maddie sei versehentlich von ihren Eltern getötet worden. Die Suche nach ihr wäre demnach nur ein Ablenkungsmanöver gewesen. Doch auch das erwies sich wie viele andere Ermittlungsstränge als Sackgasse.
In all den Jahren haben die McCanns viel Auf und Ab in dem Fall erlebt, der wie kaum ein anderer für Aufsehen sorgte. Sie selbst hatten die britische Medienmaschinerie in Gang gesetzt. Der heimische Boulevard setzte aber auch ihnen dann heftig zu. Die inzwischen eingestellte Sonntagszeitung „News of the World“ veröffentlichte Tagebucheinträge von Kate McCann ohne deren Zustimmung – und musste sich öffentlich dafür entschuldigen.
Zu dem Fall gibt es mittlerweile unzählige Berichte, Dokumentationen und Reportagen. Nur ändert all das nicht, dass Maddies Schicksal bis heute ungeklärt bleibt. Und in diesen Tagen machen die Ermittler in Deutschland deutlich, dass sich daran so schnell nichts ändern wird.
Ein Ende der Untersuchungen sei derzeit nicht absehbar, sagte Hans Christian Wolters von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. „Die Ermittlungen werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen“, berichtete der Behördensprecher fast zwei Jahre nachdem die Strafverfolger in Niedersachsen überraschend über einen Mordverdacht gegen einen Deutschen informiert hatten.
Nach der Info, dass die Ermittler den vorbestraften Sexualstraftäter im Visier haben, gab es neben Portugal und Großbritannien plötzlich einen dritten Schauplatz in Deutschland. Im Fokus steht seitdem ein heute 45 Jahre alter Mann, der mehrmals vor der deutschen Justiz in das südeuropäische Land floh und viele Jahre in Praia da Luz lebte.
Die deutschen Ermittler gehen davon aus, dass Christian B. Maddie entführte und umbrachte. Es gibt viele Hinweise, aber die Beweiskette ist nicht geschlossen, und es gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Derzeit sitzt der Verdächtige, der sich laut seiner Verteidigung nicht zum Fall Maggie äußert, in einem niedersächsischen Gefängnis eine mehrjährige Haftstrafe für die Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin im Jahr 2005 in Praia da Luz ab.
Es wird noch in weiteren Fällen gegen Christian B. ermittelt. Und in Portugal hat die Staatsanwaltschaft in Faro ihn erst vor wenigen Tagen zum Verdächtigen im Fall Maddie erklärt. Diesen Schritt begrüßten die McCanns als „Fortschritt in den Ermittlungen“. Beobachter in Portugal betonten indes, dass es nur darum gehe, die Verjährung unterbrechen zu wollen.
Sollte sich der Wunsch von Maddies Eltern auf ein Wiedersehen doch ganz zerschlagen, bleibt zumindest die Hoffnung auf die Klärung ihres Schicksals. „Wie wir des Öfteren gesagt haben, müssen wir wissen, was mit unserer wunderbaren Tochter geschehen ist – egal was es ist“, schrieben Kate und Gerry McCann 2021 zum 18. Geburtstag des vermissten Mädchens.