Parlamentseröffnung ohne die Queen: Beginn einer neuen Ära

von Redaktion

London – Der britische Thronfolger Prinz Charles (73) hat am Dienstag erstmals die Regierungserklärung im Parlament in London verlesen. Mit der „Queen’s Speech“ wird traditionell eine neue Sitzungsperiode von Unter- und Oberhaus eingeläutet. Die Zeremonie wird mit großem Pomp begangen und zählt zu den wichtigsten konstitutionellen Aufgaben der britischen Monarchie.

Die Queen hatte zuvor wegen Mobilitätsproblemen kurzfristig absagen müssen. Es ist das erste Mal seit 59 Jahren, dass Königin Elizabeth II. (96) nicht an dem sogenannten State Opening of Parliament teilnehmen kann. In ihrer bald 70-jährigen Regentschaft hat sie die Queen’s Speech überhaupt nur zwei Mal verpasst – beide Male war sie schwanger, 1959 mit Prinz Andrew und 1962 mit Prinz Edward. Erwartet wird, dass die inzwischen gebrechliche Monarchin die Aufgabe auch in Zukunft ihrem Sohn überlassen wird. Insofern markierte der Tag den Beginn einer neuen Ära. In britischen Medien war bereits vom Beginn einer faktischen Prinzregentschaft unter Charles die Rede.

Begleitet wurde der Prince of Wales von seiner Frau Herzogin Camilla (74) und seinem ältesten Sohn Prinz William (39). Charles nahm auf dem prachtvollen Thron Platz, auf dem sein Vater Prinz Philip, der 2021 verstorbene Gemahl der Queen, in früheren Jahren bei der Parlamentseröffnung gesessen hatte. Charles hatte zu diesem Anlass dort auch schon 2019 in Vertretung seines Vaters gesessen. 2020 war die Zeremonie ausgefallen, im vergangenen Jahr fand sie in kleinerem Rahmen statt.

An der Stelle, an der sonst der Thron der Queen stand, war auf einem kleinen Tisch die „Imperial State Crown“ platziert. Die glitzernde Staatskrone hatte die Queen jahrzehntelang stets auf dem Haupt getragen, wenn sie die Eröffnungsrede hielt.

Zum State Opening of Parliament versammeln sich die Mitglieder beider Kammern des Parlaments – Abgeordnete und Lords – im Oberhaus. Der konservative Premierminister Boris Johnson und Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei verfolgten den Vortrag im hinteren Teil des Plenarsaals.

Charles mied die übliche Formulierung „meine Regierung“ und sprach stattdessen von „der Regierung Ihrer Majestät“. Die britische Königsfamilie bleibt bei politischen Fragen aber neutral. Es ist nur ein symbolischer Akt, dass die Regierungserklärung vom Monarchen als Staatsoberhaupt verlesen wird. Geplant sind demnach unter anderem Gesetze, um die Folgen steigender Lebenshaltungskosten abzufedern, die Klimakrise zu bewältigen und Großbritannien weiter aus dem Orbit der Europäischen Union zu entfernen.

Mit Spannung wurde auch erwartet, ob die Johnson-Regierung ein Gesetz ankündigen würde, um die Abmachungen zum Sonderstatus für Nordirland im Brexit-Vertrag zu unterlaufen. Doch das gab es nicht, stattdessen nur Andeutungen.

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