Berlin – Es begann mit einem Missverständnis: Wenn heute in Science-Fiction-Filmen Objekte als fliegende Untertassen bezeichnet werden, hat das mit einem Vorfall vor 75 Jahren zu tun. Am 24. Juni 1947 war der US-Geschäftsmann und Hobbyflieger Kenneth Arnold am Himmel des US-Staats Washington unterwegs. Später erzählte er von seltsamen Lichterscheinungen über dem Mount Rainier. Diese vermeintliche Sichtung von Ufos (unbekannte Flugobjekte) sollte dem Phänomen weltweite Aufmerksamkeit bescheren. Neun in der Sonne glitzernde Objekte seien in Staffelformation wie „über Wasser springende Untertassen“ an ihm vorbeigerast, sagte Arnold. In den Berichten über seine Sichtung wurde die Beschreibung aber so verstanden, als ob die Objekte wie Untertassen ausgesehen hätten. Der Begriff „fliegende Untertasse“ als Synonym für das Ufo war geboren.
Arnold bestand später darauf, die gesehenen Objekte stets als „Disc“ (Scheibe) beschrieben zu haben. In einem Radiointerview vom 7. April 1950 legte er noch mal sein Dilemma dar: „Die meisten Zeitungen haben das missverstanden und falsch zitiert. Sie schrieben, ich hätte gesagt, sie wären untertassenähnlich. Aber ich sagte, sie flogen in der Art wie Untertassen.“
„Mit der Sichtung von Kenneth Arnold begann das moderne Ufo-Phänomen, wie wir es kennen“, sagt Danny Ammon, Medizininformatiker aus Jena und in seiner Freizeit Fallermittler bei der Gesellschaft zur Erforschung des Ufo-Phänomens (GEP). Dabei entstanden auch Vorstellungen, die wir „heute als falsch deklarieren müssen“. Der Experte erklärt, dass Ufos eben nicht nur als Untertassen in Erscheinung treten würden.
Was aber hat Arnold an diesem Tag gesehen? Oder was meint er, gesehen zu haben? Fallermittler Ammon ordnet Arnolds Sichtung als eine typische Beobachtung der Sorte DD ein. Das steht für „Daylight Disc“, also nach Worten des GEP-Experten „tagsüber am Himmel aus weiterer Entfernung beobachtete, aber nicht notwendigerweise scheibenförmige Objekte“. Da es damals noch keine Ufo-Fallermittlung gab, bleibe die Sichtung ungeklärt.
Kenneth Arnold suchte zuerst nach logischen Erklärungen für die Objekte. Als der Hobbypilot erkannte, dass es sich nicht um Flugzeuge handelte oder Gänse im Formationsflug, wie er zuerst dachte, war sein nächster Gedanke, er sei Zeuge von Tests für moderne Militärflugzeuge. Dabei hätte es sich aber um sehr fortschrittliche Flugzeuge handeln müssen. Denn Arnold versuchte, die Geschwindigkeit der Objekte zu messen. Er berechnete die Zeit, die die Ufos für die Strecke zwischen Mount Rainier und Mount Adams brauchten. Danach legten sie die Entfernung von etwa 80 Kilometern in einer Minute und 42 Sekunden zurück. Das würde bedeuten, dass die Objekte eine Geschwindigkeit von 2800 Kilometern pro Stunde erreichten – viel schneller als alle anderen bekannten Flugzeuge der Zeit.
Die Beobachtung von Kenneth Arnold versetzte die Weltöffentlichkeit dermaßen in Aufregung, dass tausende ähnliche Berichte folgten. „Der Hype passt in eine Zeit, in der kurz nach Kriegsende für die Menschheit wieder Aufschwung und später der eigene Griff nach den Sternen ins Blickfeld rückten“, erklärt Ammon rückblickend. Der Medienrummel habe dafür gesorgt, dass sich der Mythos „Außerirdische in fliegenden Untertassen“ in den Köpfen der Menschen festsetzte. „Das bereichert heute unsere Kultur in Form von Science-Fiction-Filmen, Serien und Büchern.“ Es war der Beginn der Ufo-Forschung. Dass solche Erscheinungen außerirdischen Ursprungs sein könnten, bleibt jedoch reine Spekulation. In den meisten Fällen konnten natürliche oder künstliche Phänomene wie Sterne, Satelliten, Ballons oder verglühender Weltraumschrott als Ursache ausgemacht werden.