Polizisten-Morde: Täter deutet Notwehr an

von Redaktion

Hauptangeklagter beschuldigt zum Prozessauftakt zudem seinen Komplizen

VON ANNALENA DÖRNER

Kaiserslautern – Die Tat löste Entsetzen aus: Zwei Polizisten, die bei Kusel in der Westpfalz in einem Zivilfahrzeug Streife fahren und einen Wagen kontrollieren, werden erschossen. Einer der Insassen, der 39-Jährige Andreas S., soll laut Anklage einen Schuss aus der Flinte „aus kurzer Entfernung auf den Kopf“ einer Polizeianwärterin abgegeben haben. Die Frau stürzt schwer verletzt auf die Straße. Danach soll der Angeklagte zunächst mit der Flinte, dann mit einem Jagdgewehr auf den Polizeikommissar geschossen und ihn tödlich am Kopf getroffen haben. Am Landgericht Kaiserslautern begann gestern der Prozess gegen Andreas S. und seinen 33-jährigen Komplizen Florian V., die mit der Tat mutmaßlich ihre Jagdwilderei verdecken wollten.

Vor Gericht hat der Hauptangeklagte nun Schüsse eingeräumt, will diese nach eigenen Angaben aber in einer Art Notwehrsituation abgegeben haben. Andreas S. habe damit erreichen wollen, dass auf ihn selbst abgefeuerte Schüsse aufhörten, sagte einer seiner Verteidiger bei der Verlesung einer Einlassung seines Mandanten zum Verfahrensauftakt. Darin schilderte S. eine für ihn nach eigenem Empfinden völlig unübersichtliche Situation, in der er nicht gewusst habe, wer weshalb auf wen schieße. Während er im Auto nach den Fahrzeugpapieren gesucht habe, habe er Schüsse gehört, hieß es in der von der Verteidigung verlesenen Erklärung. Als er gemerkt habe, dass auf ihn geschossen werde, habe er ebenfalls geschossen. Sein Mitangeklagter Florian V. habe eine Schrotflinte in der Hand gehalten. Dieser habe „vollkommen geistig abwesend“ gewirkt. S. habe ihm die Waffe schließlich entrissen. Darüber hinaus ließ S. in der Erklärung umfangreich das Kennenlernen der beiden Angeklagten sowie V.s Drogenprobleme schildern. Demnach soll sich V. an illegalen Jagden beteiligt haben, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Die beiden Angeklagten lernten sich laut Erklärung im August vergangenen Jahres über einen gemeinsamen Bekannten kennen. Sie hätten anschließend mehrmals in der Woche gewildert. V. habe für jedes erlegte Tier eine Prämie erhalten.

Zuvor hatte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift verlesen. Demnach soll S. seine beiden Opfer am 31. Januar bei einer zufälligen nächtlichen Verkehrskontrolle auf einer Landstraße getötet haben, um seine Aktivitäten als Wilderer zu verdecken. Er ist deshalb wegen zweifachen Mordes aus Habgier und mit Verdeckungsabsicht sowie verschiedener weiterer Delikte angeklagt. S. soll bei der Polizeikontrolle laut Anklage unter einem Vorwand zur Fahrertür seines Wagens gegangen sein, um eine Schrotflinte zu holen, mit der er dann aus kurzer Distanz auf den Kopf der Beamtin schoss. Der zweite Schuss erfolgte laut Anklage aus derselben Waffe aus größerer Entfernung auf ihren Kollegen, der am Gesäß getroffen wurde. Der Beamte schoss zur Verteidigung mit seiner Dienstpistole, woraufhin S. dreimal mit einem Jagdgewehr auf den Polizisten schoss und ihn an Brust und Bauch schwer verletzte. Der letzte Schuss traf den Polizisten am Kopf und war tödlich. Dann durchsuchte S. die auf dem Boden liegende Beamtin nach für ihn kompromittierenden Notizen. Dabei stellte er fest, dass sie noch lebte, und schoss ihr mit der Schrotflinte aus kurzer Distanz ins Gesicht. Eine Unterbringung von S. in der Sicherungsverwahrung kommt laut Staatsanwaltschaft in Betracht.

Ursprünglich wurde auch V. des Mordes verdächtigt. Der Mordvorwurf gegen ihn wurde aber fallen gelassen, ihm wirft die Anklage jedoch wie S. gemeinschaftliche gewerbsmäßige Jagdwilderei in der Tatnacht sowie Strafvereitelung vor. In einer kurzen Erklärung seiner Verteidiger ließ V. mitteilen, dass er sich über seine bereits vor der Polizei gemachten Angaben hinaus nicht äußern werde. Bis Anfang September sind noch 13 weitere Termine angesetzt.

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