Münster – Sehr stolz sei er gewesen, der 25-Jährige, bei der Christopher-Street-Day-Versammlung am vergangenen Wochenende in Münster. „Er hat bei der Demo unser Banner getragen. Er war so glücklich wie lange nicht mehr“, so erinnert sich Felix Adrian Schäper, Vorstand des Verein Trans*Inter*-Münster, am Freitag. Wenige Stunden zuvor war bekannt geworden, dass der 25-Jährige gestorben ist. Er war bei dem CSD-Event nach queerfeindlichen Beleidigungen eingeschritten, von dem Pöbler niedergeschlagen worden und nun, knapp eine Woche danach, seinen Verletzungen erlegen. „Das war nicht das Ende, das er verdient hat“, trauert Schäper.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft soll der Tatverdächtige bei der CSD-Versammlung am 27. August erst mehrere Frauen unter anderem mit den Worten „lesbische Hure“ beschimpft und drohend auf sie zugegangen sein. Der 25-Jährige habe die Situation mitbekommen und den Mann gebeten, die Beleidigungen zu unterlassen, hieß es. Doch der soll zugeschlagen haben, unvermittelt, mindestens einmal mit der Faust.
Der 25-Jährige sei zu Boden gegangen und mit dem Kopf unglücklich auf dem Asphalt aufgeprallt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Er kam ins Krankenhaus, wurde später ins künstliche Koma versetzt und starb am frühen Freitagmorgen. Die Leiche soll am Montag obduziert werden.
Der Täter flüchtete. Tagelang wertete eine Mordkommission Zeugenhinweise sowie Bild- und Videomaterial aus. Die Beamten fanden dabei Bilder vom mutmaßlichen Täter. Eine Ermittlerin der Mordkommission erkannte den Gesuchten schließlich am Freitagnachmittag am Hauptbahnhof und nahm ihn fest. Es handelt sich um einen 20-Jährigen. Die Staatsanwaltschaft Münster will einen Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge beantragen.
Für Schäper vom Verein Trans*Inter*-Münster steht fest: „Es war auf jeden Fall ein queerfeindlicher Angriff.“ Der 25-Jährige sei ein Transmann gewesen. Und der Angreifer habe vorher zwei lesbische Frauen homofeindlich beschimpft.
Die Todesnachricht sorgte weit über Münster hinaus für Bestürzung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Ein junger Mann wird totgeschlagen, weil er anderen helfen wollte. Auf einem CSD. Mitten in Deutschland. Im Jahr 2022. Das macht mich fassungslos und unendlich traurig.“ Solcher Hassgewalt müsse man mit aller Härte entgegentreten. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, teilte mit: „Wir haben auch in Deutschland ein großes Problem mit Hass gegen queere Menschen. Queerfeindliche Gewalt ist eine Bedrohung, die tödlich enden kann. “
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, der Mann habe Zivilcourage und Mut gezeigt, indem er sich im Alltag für andere einsetzte. „Dass er dabei sein Leben verloren hat, macht mich fassungslos und traurig. Diskriminierung und Gewalt dürfen bei uns keinen Platz haben. Gegen alle Formen von Menschenfeindlichkeit zeigen wir null Toleranz.“
Laut der Stadt werden in Münster an allen städtischen Gebäuden die Flaggen auf Halbmast gesetzt, am Freitagabend sollte eine Kundgebung stattfinden.