La Palma – „Da rechts war der Tennisplatz“, erzählt die Deutsche Kathrin Heinsch. Zu sehen ist vom Auto aus nur eine schwarze Mondlandschaft aus erkalteter Lava. Mit schwerem Baugerät ist erst vor Kurzem eine Behelfspiste über das rund zwei Kilometer breite Lavafeld im Aridane-Tal im Westen der Kanareninsel La Palma geschlagen worden. Mit dem Ausbruch des Vulkans Tajogaite am Nachmittag des 19. September vergangenen Jahres war es mit der Idylle aus kleinen Landhäusern, Bananenplantagen und Weinbergen im milden Klima des Atlantiks vorbei. Die Lava zermalmte und begrub alles unter sich.
Mindestens 7000 Menschen mussten wegen des Vulkanausbruchs evakuiert werden, 3000 konnten nie zurückkehren, weil ihre Häuser zerstört wurden. So erging es auch der aus Berlin stammenden Heinsch, als sie zwei Tage nach dem Beginn des Vulkanausbruchs noch mal ganz kurz in das von ihr in dem Ort Todoque gemietete Haus durfte. Insgesamt 1200 Hektar wurden von der Lava begraben, davon 230 Hektar Bananenplantagen, dem wichtigsten Erzeugnis der Insel. Viele der Evakuierten leben bis heute bei Verwandten, Freunden oder in Hotels, die der Staat bezahlt.
Die Behörden schätzen die Schäden und wirtschaftlichen Verluste auf insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro. An staatlichen Hilfen und Versicherungsleistungen seien rund 500 Millionen Euro bereitgestellt worden. Der kanarische Regionalregierungshef Ángel Víctor Torres rief die EU auf, mehr als die angekündigten 24,5 Millionen Euro aus dem Solidaritätsfonds zur Bewältigung der Folgen von Naturkatastrophen zur Verfügung zu stellen.
Die Menschen vor Ort erzählen von großer Hilfsbereitschaft. „Eine ältere Deutsche, die schon länger auf der Insel lebt, hat eines ihrer beiden Häuser einer jungen Familie mit Kindern, die alles verloren hatten, geschenkt“, erzählt Heinsch. „Sie könne ja sowieso nur in einem Haus wohnen und so habe sie Nachbarn, die etwas auf sie aufpassen könnten“, habe sie gesagt. Andere hätten jedoch ihre Mieten einfach mal verdoppelt, weil so viel Wohnraum zerstört wurde und jetzt knapper ist.
An staatlichen Hilfen und Versicherungsleistungen wurden nach Angaben der Behörden rund 500 Millionen Euro bereitgestellt. Von dem Vulkan geschädigte Inselbewohner kritisieren jedoch Behördenwirrwarr und eine teilweise nur schleppende Auszahlung von Hilfen. Nach Einschätzung von Fachleuten wird es noch Jahre dauern, bis die Insel im milden Klima des Atlantiks vor der Westküste Afrikas, auf der auch circa 3000 Deutsche ihren Wohnsitz haben, die Folgen des Vulkanausbruchs überwunden haben wird. „Wir arbeiten am Wiederaufbau der Insel“, schrieb Ministerpräsident Pedro Sánchez gestern auf Twitter. „Wir stehen La Palma bei.“