Der Tasmanische Tiger aus dem Labor

von Redaktion

Australische Forscher wollen das ausgestorbene Beuteltier zu neuem Leben erwecken

Sydney – Der letzte bekannte Tasmanische Tiger starb 1936. Nun wollen Wissenschaftler den australischen Raubbeutler mittels Gentechnologie wieder zum Leben erwecken.

„Vor 15 Jahren war die Idee, das Tier tatsächlich zurückzubringen, noch Science-Fiction“, sagt Andrew Pask. Die Technologie, mit der das Projekt arbeite, sei damals noch nicht verfügbar gewesen. Pask leitet das neu ins Leben gerufene „TIGRR Lab“ (Thylacine Integrated Genetic Restoration Research). Es ist ein aufwendiges Unterfangen: Die Forscher mussten zunächst das Erbgut eines Tasmanischen Tigers entziffern, der 100 Jahre lang in Alkohol konserviert worden war. 2018 veröffentlichte Professor Pasks Team die erste vollständige Genomsequenz des Tieres. Tasmanische Tiger gab es einst auch auf dem australischen Festland und in Neuguinea. Vor etwa 2000 bis 3000 Jahren verschwand dort das Tier, das mit dem Dingo konkurrierte und vom Menschen gejagt wurde. Doch im isolierten Tasmanien konnten die Beutelwölfe überleben – bis die Europäer die Insel im 18. Jahrhundert besiedelten. Das als Schafsmörder bezeichnete Raubtier wurde bis zur Ausrottung gejagt.

Mit der entzifferten Genomsequenz steht das TIGRR Lab nun aber erst am Anfang seines Mammutvorhabens. „Aus einem toten Exemplar können wir noch kein Leben erschaffen. Wir müssen immer mit etwas Lebendigem beginnen“, erklärt Pask. Deshalb werde bei derartigen Projekten, die im Englischen als De-Extinction bezeichnet werden, nach dem nächsten lebenden Verwandten des ausgestorbenen Tieres gesucht. Im Fall des Tasmanischen Tigers traf die Wahl die Dickschwänzige Schmalfußbeutelmaus. Die DNA der Maus wird so lange verändert oder „editiert“, bis sie dem Erbcode des Tasmanischen Tigers entspricht. „Wir bauen im Wesentlichen unser Maus-Genom in einer lebenden Zelle in einen Beutelwolf-Code um“, sagt Professor Pask. Sollte das Team damit Erfolg haben, könnte mithilfe von Klon-Technologie ein ganzer Beutelwolf-Embryo geschaffen werden. „Eine der großartigen Eigenschaften von Beuteltieren ist, dass sie winzige Babys zur Welt bringen“, sagt Pask. Die Babys des Tasmanischen Tigers seien bei der Geburt etwa so groß wie ein Reiskorn. Somit könne auch eine Maus das Baby eines Tasmanischen Tigers austragen. Aufgezogen würde das Junge dann im Labor, anschließend soll das Raubtier – falls alles glatt läuft – wieder in seinen natürlichen Lebensraum in Tasmanien ausgewildert werden.

Manche Wissenschaftler bezweifeln, dass das Projekt gelingen kann. „Ich glaube immer noch nicht, dass wir auch nur annähernd über die Technologie verfügen, die ein ausgestorbenes Tier wirklich wiedererschaffen kann“, sagte Professor Jeremy Austin vom Australian Centre for Ancient DNA der Zeitung „Sydney Morning Herald“. „Für den WWF Deutschland stellen solche gentechnischen Projekte nicht den Ausweg aus der Biodiversitätskrise dar“, sagt Artenschutzexpertin Anne Hanschke. Es sei wichtiger, die Ursachen des Artensterbens zu beheben wie etwa die Zerstörung der Lebensräume, die Übernutzung der Natur oder die Klimakrise.

„Wenn wir nicht eingreifen und mit dieser Art von Arbeit und Genom-Engineering beginnen, werden wir die Artenvielfalt noch schneller verlieren, als wir es ohnehin schon tun“, argumentiert Andrew Pask dagegen. M. OSTWALD

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