Rückkehr nach über 200 Jahren?

von Redaktion

Verhandlungen über die Parthenon-Marmore laufen auf Hochtouren

Athen/London – Für die Griechen wäre die Rückgabe ein historischer Meilenstein: Das British Museum und die griechische Regierung führen derzeit Geheimgespräche über eine mögliche Rückkehr der in London ausgestellten Parthenon-Marmore nach Griechenland. Die „heiklen“ Gespräche zwischen dem Kuratoriumsvorsitzenden George Osborne und dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis seien „in einem fortgeschrittenen Stadium“, berichtete die griechische Tageszeitung „Ta Nea“ am Samstag. Bis jetzt wurde die Rückgabe durch ein Gesetz verhindert. Jetzt wurde das Thema zur Chefsache.

Der Parthenon-Fries schmückte einst die Außenwand des Athene-Tempels auf der Athener Akropolis. Er zeigt die große Prozession während der Panathenäen, des größten jährlich stattfindenden Festes zu Ehren der Athena. Auf der vierten, der östlichen Eingangsseite war eine Versammlung sämtlicher Götter des griechischen Olymps dargestellt.

Die Skulpturen sind auch als Elgin-Marmore bekannt. Im frühen 19. Jahrhundert hatten Arbeiter die Friesteile aus dem Parthenon-Tempel auf der Athener Akropolis abgetragen – den Befehl dazu hatte Lord Elgin gegeben, der britische Botschafter im Osmanischen Reich. Er hatte eine Erlaubnis des Sultans, Abgüsse und Zeichnungen der antiken Bauten auf der Akropolis zu fertigen und wenn nötig jüngere Gebäude abzureißen und Skulpturen zu entfernen, um den Blick freizulegen. Er interpretierte diese Erlaubnis so, dass er sämtliche Skulpturen, die er finden konnte, in Besitz nehmen dürfe. Er ließ zahlreiche herausbrechen (darunter fast den gesamten Fries und die meisten erhaltenen Giebelfiguren), einige sammelte er vom Boden auf und wieder andere kaufte er Einheimischen ab. Die schon damals als Kunstraub titulierte Aktion rechtfertigte er als Rettungsversuch vor weiteren Zerstörungen. Elgin verkaufte die Marmore an die britische Regierung, die sie 1817 an das British Museum weitergab. Dort gehören sie zu den wertvollsten Ausstellungsstücken. Einige andere befinden sich im Louvre und in Kopenhagen; die meisten der übrig gebliebenen Stücke sind im Akropolismuseum. Am Gebäude selbst befinden sich nur noch Kopien.

Athen sieht die Marmore als gestohlen an. Griechenland verlangt von dem Museum neben der Rückgabe des 75 Meter langen Frieses auch eine Frauenskulptur aus dem Erechtheion-Tempel auf der Akropolis.

Laut „Ta Nea“ begannen die Geheimgespräche zu den Parthenon-Marmoren im November 2021. Zuletzt sprachen beide Seiten demzufolge in dieser Woche in einem Hotel in London miteinander.

„Eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung“ sei möglich,so Mitsotakis. „Die Parthenon-Skulpturen können wieder vereint werden und gleichzeitig können die Bedenken des British Museums berücksichtigt werden.“ Es gebe ein Momentum, sagte er demnach. „Ich spreche bewusst von einer ,Wiedervereinigung’ der Skulpturen und nicht von einer ,Rückkehr’.“

Das British Museum erklärte am Samstag, es wolle „eine neue Parthenon-Partnerschaft mit Griechenland“ und sei bereit, darüber mit Athen zu sprechen. Aber „wir handeln im Rahmen der Gesetze und wir werden nicht unsere großartige Sammlung auseinandernehmen“, führte das Museum aus.

Mehrere griechische Regierungen sind daran gescheitert, wesentliche Fortschritte im Streit um die Friesteile zu machen. Nach Ansicht Londons sind die Skulpturen auf legale Art und Weise erworben worden. Im Januar hatte die britische Zeitung „The Times“, die das British Museum stets hartnäckig unterstützt hatte, ihre Position geändert und sich für eine Rückgabe ausgesprochen: „Zeit und Bedingungen ändern sich. Die Skulpturen gehören nach Athen. Sie müssen nun dahin zurückkehren.“ Heim nach Hellas. Die Griechen werden feiern.

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