Düsseldorf – Nach der schweren Explosion in Ratingen bei Düsseldorf hat ein Richter den Verdächtigen wegen versuchten Mordes in neun Fällen in Untersuchungshaft geschickt. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag in Düsseldorf bekannt. Die Tat sei heimtückisch gewesen und mit gemeingefährlichen Mitteln verübt worden, sagte Staatsanwältin Laura Neumann.
Der 57 Jahre alte Verdächtige gehöre der Prepper-Szene an, sagte eine leitende Ermittlerin der Polizei. Er habe Vorräte etwa von Toilettenpapier angelegt. Als Prepper, abgeleitet vom englischen „prepare“ (vorbereiten), werden Menschen bezeichnet, die sich auf das Überleben im Katastrophenfall vorbereiten. Laut der Ermittlerin gibt es auch konkrete Hinweise darauf, „dass er auch ein Corona-Leugner ist“. Ob es einen Zusammenhang zur Tat gebe, sei nicht geklärt.
Der Mann habe sich in der Wohnung verschanzt und die Tür verbarrikadiert. Sie gehe nicht von einer spontanen Tat aus, eher von mehreren Tagen Vorbereitung. Der Verdächtige habe den Einsatzkräften mit einem Gefäß Benzin entgegengeschleudert, als diese die Wohnung betreten wollten. Es war wohl ein gezielter Angriff auf die Polizei.
Zwei Polizisten sowie sieben Feuerwehrleute und Rettungsdienst-Mitarbeiter waren von einem Feuerball getroffen worden und hatten zum Teil schwerste Verbrennungen erlitten. Der Verdächtige selbst sei dabei nur leicht verletzt worden. Ein Psychiater sei eingeschaltet, bislang stufe man den 57-Jährigen aber als schuldfähig ein.
Er sei keiner Arbeit nachgegangen und habe in der Wohnung mit seiner rund 90 Jahre alten Mutter gelebt. Weil der Briefkasten überquoll, hatte die Vermieterin die Polizei gebeten, nachzusehen.
Wenige Tage zuvor habe ein Polizist mit einem Haftbefehl an derselben Wohnung geklingelt, berichteten die Ermittler: Bei dem 57-Jährigen handele es sich um einen Gewalttäter, der bereits wegen drei Körperverletzungen aufgefallen sei und gegen den deswegen zwei Strafbefehle verhängt worden waren. Weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er eine Ersatz-Freiheitsstrafe antreten.
Die Behörden räumten ein, dass die Einsatzkräfte, die nun wegen einer „hilflosen Person“ zu der Wohnung gerufen worden waren, möglicherweise nicht von der Gewalttätigkeit des Bewohners wussten.
Im Zusammenhang mit dem Einsatz nach der Explosion habe es in dem Hochhaus möglicherweise ein Todesopfer gegeben. Ein älterer Mann, der in dem Haus gelebt habe, sei gestorben, bestätigte eine Polizeisprecherin. Nach Informationen des „Spiegel“ hatte der Mann durch den mehrstündigen Einsatz in dem abgeriegelten Gebäude nicht medizinisch versorgt werden können.
Fünf Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst befanden sich am Freitag laut Feuerwehr im künstlichen Koma. Sie waren in Spezialkliniken für Brandverletzte gebracht worden. „Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche“, teilte die Feuerwehr mit. Nach Angaben der Polizei von Donnerstagabend waren zudem eine 25-jährige Polizistin und ein 29 Jahre alter Polizist lebensgefährlich verletzt worden.
Der Beschuldigte habe zu den Vorwürfen geschwiegen und auf einen Anwalt verzichtet. Ihm sei dennoch ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt worden. Bei einer Durchsuchung fand die Polizei im Keller PTB-Waffen, Messer und Dolche.
Nach der Explosion soll der Verdächtige die komplette Wohnung in Brand gesetzt haben. Er war schließlich von Spezialkräften überwältigt und festgenommen worden, als diese die Wohnung stürmten. In der Wohnung waren die Einsatzkräfte auf die Leiche einer Frau gestoßen. Dabei soll es sich um die Mutter des Verdächtigen handeln.