London – Es sind Zahlen, die erschrecken. Schätzungen zufolge gibt es in Großbritannien mehr als 300 000 Haushalte ohne festes Obdach. Und: Es werden immer mehr. Einen Anstieg um etwa ein Drittel über drei Jahre hat die Wohltätigkeitsorganisation Crisis ausgemacht. Prinz William will das ändern. Am Montag stellte der Thronfolger seine Initiative Homewards vor, dank der Wohnungslosigkeit bald nur noch „selten, vorübergehend und unwiederholt“ sein soll. Vorbild sei Finnland, das in wenigen Jahren die Obdachlosigkeit drastisch gesenkt hat. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) informierte sich bereits in dem nordeuropäischen Land, wie das funktioniert.
Der Kampf gegen Wohnungslosigkeit ist für William, so versichern royale Quellen, ein persönliches Anliegen. Bereits vor 30 Jahren nahm ihn seine Mutter Prinzessin Diana mit in eine Obdachlosenunterkunft, damit er das Leid der anderen aus nächster Nähe persönlich erlebt. 2009 verbrachte William eine kalte Nacht auf einer Straße in London, er ist Schirmherr von zwei Hilfsorganisationen.
Nun sieht der 41-Jährigen die Zeit gekommen, eines der größten sozialen Probleme im Land nachhaltig anzugehen. „In einer modernen und fortschrittlichen Gesellschaft sollte jeder ein sicheres Zuhause haben, mit Würde behandelt werden und die Unterstützung erhalten, die er braucht“, sagte der älteste Sohn von König Charles III.
Der Moment könnte nicht passender sein. Eine Umfrage im Auftrag von Williams Stiftung Royal Foundation ergab, dass mehr als ein Fünftel der Befragten von Wohnungslosigkeit betroffen sei – entweder persönlich oder über Familienmitglieder und Freunde. Williams Initiative, für die er am Montag und Dienstag landesweit sechs Pilotprojekte besucht, ruft lokale Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen auf, die Kräfte zu bündeln und „maßgeschneiderte“ Pläne für Unterkünfte zu entwickeln. Dafür stehen jeweils bis zu 500 000 Pfund (ca. 580 000 Euro) bereit. Für William ist es wichtig, dass soziales Engagement nicht als Kritik an der Regierung gesehen wird – die Royal Family hat unpolitisch zu sein.
Doch nicht alle sind glücklich über Williams Wahl. Als Heuchler kritisiert die Organisation Republic, die für eine Abschaffung der Monarchie eintritt, den Königssohn. Wohnungslosigkeit sei teils das Ergebnis wirtschaftlicher Ungleichheit – „etwas, dass von den superreichen Royals repräsentiert wird, die in mehreren Palästen wohnen“, sagte Republic-Chef Graham Smith. Hinzu kommt, dass William nun als Thronfolger einer der größten Grundbesitzer des Landes ist – ihm stehen Pachteinnahmen aus dem Herzogtum Cornwall zu. Im „Sunday Times“-Interview kündigte William an, er werde dort bezahlbare Wohnungen schaffen.