Berlin – Viele Mückenarten in Deutschland sind für Laien kaum voneinander zu unterscheiden. Kommt das nervige „tzz“ von einer heimischen Mücke oder einer Asiatischen Tigermücke? Der Unterschied kann bedeutend sein – wenn die Mücke sticht. Denn die Tigermücke kann eine Reihe gefährlicher Krankheitserreger wie das Dengue-Virus übertragen.
Die Asiatische Tigermücke stammt aus den Tropen, breitet sich aber im Zuge des Klimawandels seit den 1990er-Jahren massiv in Südeuropa und Teilen Mitteleuropas aus, wie es vom Friedrich-Löffler-Institut heißt. Eine lokale Vermehrung wurde hierzulande erstmals 2014 festgestellt. Mittlerweile gebe es fest etablierte Populationen, sagt Mücken-Expertin Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, aber auch in Hessen, Thüringen und Berlin.
Noch ist hierzulande kein Fall bekannt geworden, bei dem eine Erkrankung durch den Stich einer hier lebenden Tigermücke übertragen wurde – Experten halten das wegen des Klimawandels aber nur für eine Frage der Zeit. In Südfrankreich wurden schon Zika-Infektionen durch dort heimische Tigermücken gemeldet. Nachgewiesene Dengue-Infektionen gab es auf Madeira sowie in Kroatien und Frankreich. Auch Chikungunya-Ausbrüche gab es im Mittelmeerraum bereits.
Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC warnte erst kürzlich vor dem steigenden Risiko durch von Mücken übertragene Krankheiten. Die Asiatische Tigermücke breite sich in Europa weiter Richtung Norden und Westen aus. Die Zahl betroffener Regionen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) habe sich binnen zehn Jahren fast verdreifacht. Anders als heimische Mücken nutzen die weiß gestreiften Tiere häufig kleine Wasserreservoirs etwa in Untersetzern von Blumentöpfen und sind vor allem im urbanen Umfeld verbreitet – auch in großen Städten wie Berlin.
Sticht eine Tigermücke einen Infizierten, können sich aufgenommene Viren in dem Insekt vermehren und auf weitere Menschen übertragen werden, wenn die Mücke erneut zusticht. Entscheidend ist dabei allerdings nicht allein das Vorkommen der Mücken: Zika-Viren zum Beispiel benötigen Experten zufolge große Hitze, um sich gut in den Mücken vermehren zu können, mit Temperaturen, die in Deutschland bisher eher selten erreicht werden. Das Dengue-Virus hingegen kann sich auch bei gemäßigten Temperaturen gut in den Mücken vermehren. Der Erreger verursacht lang anhaltende Gelenkbeschwerden etwa in der Hand, die oft als rheumatische Erkrankung verkannt werden.
Exotische Mücken sind in Deutschland zudem nicht die einzigen potenziellen Überträger gefährlicher Krankheiten: 2019 erfasste das Robert-Koch-Institut (RKI) erstmals Infektionen mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus bei erkrankten Menschen in Deutschland, die auf eine Übertragung durch heimische Mücken zurückgingen. Weil der Erreger in Stechmücken in Deutschland überwintern kann, rechnen Experten mit zunehmenden Fallzahlen bis hin zu größeren saisonalen Erkrankungswellen. In süd- und südosteuropäischen Ländern gibt es schon seit Jahren solche Ausbrüche.
Dem RKI zufolge wurden hierzulande im vergangenen Jahr 17 West-Nil-Infektionen bei Menschen nachgewiesen, im Jahr zuvor waren es 4 Fälle. Eine West-Nil-Virus-Infektion verläuft in 80 Prozent der Fälle ohne Symptome. Schwerere und tödliche Verläufe betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Nur etwa ein Prozent der Infektionen führen zu solchen schweren neuroinvasiven Erkrankungen. Müssen wir künftig also Angst vor jedem Mückenstich haben, vielleicht bald unter Moskitonetzen schlafen? „Grundsätzlich bei jedem Mückenstich Sorge zu haben, ist im Moment sicher übertrieben“, sagt der Tropenmediziner Tomas Jelinek. „Es ist eine ernst zu nehmende Krankheit, aber man muss kein massenhaftes Auftreten in Deutschland erwarten.“
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