Wie gefährlich ist unsere Hauptstadt?

von Redaktion

Randale im Freibad, Dealer im Park – Berlins Bürgermeister kündigt Sicherheitsgipfel an

Berlin – Hat die Hauptstadt ein Gewaltproblem? Im laufenden Jahr hat die Millionenmetropole Berlin bereits mit drei großen Sicherheits-Debatten in den bundesweiten Schlagzeilen gestanden, jeweils verbunden mit dem Streitpunkt Migration.

Zu Jahresbeginn ging es um die Silvesterkrawalle von Jugendlichen und jungen Männern in einigen Stadtteilen, die Feuerwerkskörper auf Polizisten und Feuerwehr warfen. Der Sommer startete mit Empörung über Prügeleien und Randale in Freibädern. Nun ist es wieder der Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg. Anlass ist eine Vergewaltigung durch mehrere Männer, die kürzlich bekannt wurde.

Seit fast 20 Jahren ist der Görlitzer Park an der früheren Grenze zu Ost-Berlin für den offensiven Drogenhandel bekannt und berüchtigt. Nachbarn sind genervt, Reiseführer weisen extra darauf hin. Ist der Besuch Berlins gefährlich, lautet eine häufige Frage von Touristen. Auf diversen Internetportalen wird das thematisiert, auch das offizielle Besucherportal Visit Berlin betont, die Stadt sei zwar „grundsätzlich sicher“, Kriminalität könne aber nicht ausgeschlossen werden und einige Sicherheitsaspekte sollte man beachten.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kündigte einen „Sicherheitsgipfel“ Anfang September an, bei dem auch der Park Thema sein werde. „Die Lage im Görlitzer Park ist inakzeptabel, so wie die Situation dort ist, darf es nicht bleiben.“ Unstrittig ist, dass in Berlin – mit Abstand die größte deutsche Stadt mit fast vier Millionen Einwohnern – in absoluten Zahlen weitaus mehr Verbrechen verübt werden als etwa in Hamburg oder München. In der vergleichenden Kriminalitätsstatistik der deutschen Großstädte nach Einwohnerzahl liegt Berlin kurz hinter Frankfurt am Main auf dem zweiten Platz mit 14 135 registrierten Straftaten je 100 000 Bewohner. Den Kontrast dazu bildet Bayerns Landeshauptstadt München als sicherste Großstadt mit nur rund 5800 Taten auf 100 000 Einwohner.

Als Hauptstadt mit vielen Touristen und durch seine Lage zieht Berlin viele Taschendiebe und organisierte Autodiebe aus Osteuropa an, wie die Polizei betont. Das treibt die Zahlen hoch. Für wen die Stadt tatsächlich gefährlich ist, hängt von Orten, Zeiten und der Zugehörigkeit zu Gruppen ab. Problematisch für die Sicherheit etwa in der Innenstadt sind das umfangreiche Nachtleben ohne Sperrstunde, die vielen Kioske (Spätis) mit Alkoholverkauf rund um die Uhr und eine sehr tolerante Haltung gegenüber Drogen. Auch die vielen Straßendealer in Kreuzberg und den Kneipengegenden von Friedrichshain sowie die Szene der Drogensüchtigen in Teilen Neuköllns sorgen zumindest für Unsicherheit bei vielen Besuchern.

Frauen berichten, dass Belästigungen, Beleidigungen, sexuelle Übergriffe und Angriffe keineswegs nur in der vollen Innenstadt vorkommen. Die Polizei zählt mehr Übergriffe gegen Frauen in der Öffentlichkeit. Von 2019 bis 2022 stiegen die Zahlen der weiblichen Opfer von Körperverletzungen, Drohungen, Sexualdelikten und Raubüberfällen nachts auf Straßen und in Parks von rund 3000 auf 4210.

Reiseportale raten schwulen und lesbischen Paaren oder Juden schon lange, lieber nicht klar erkennbar durch Verhalten oder Zeichen wie dem Davidstern nachts durch bestimmte Stadtteile zu gehen, weil es immer wieder zu Beleidigungen oder Angriffen kommt. Der Komiker und Schauspieler Hape Kerkeling berichtete in der Sendung „Maybrit Illner“ kürzlich, dass er mit seinem Mann von Berlin nach Köln gezogen sei. Die Atmosphäre in Berlin sei deutlich homophober geworden, beklagte Kerkeling.

ANDREAS RABENSTEIN

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