Lahaina – Die Hubschrauberpiloten können nicht fassen, was sie nach der tödlichen Feuernacht sehen. Erst nach und nach wird bei Tageslicht klar, welches Ausmaß die Zerstörung im Westen der Insel Maui hat. „Schau die ganzen Häuser an“, sagt ein Pilot beim Flug über die Stadt Lahaina. Es sehe aus wie im Kriegsgebiet. Hunderte niedergebrannte Häuser, Schiffs- und Autowracks. „Lahaina ist nicht mehr da“, so beschreibt Anatol Eisele das Katastrophenszenario auf Maui – er selbst ist der Feuerhölle in Hawaii nur knapp entkommen. Der gebürtige Ravensburger kam als Windsurfer vor 30 Jahren in das Inselparadies, nun steht er vor den verkohlten Ruinen seines Restaurants „Paia Fishmarket“ in Lahaina. „Alles komplett weg“, sagt der 50-Jährige lakonisch. Das Schicksal teilt er mit vielen.
Die Innenstadt des einst malerischen Küstenortes sei völlig abgebrannt, teilte der Bürgermeister von Maui, Richard Bissen, am Donnerstag mit. Die Zahl der Toten ist auf 55 angestiegen, es werden noch mehr Opfer in der schwarzen Trümmerlandschaft vermutet.
Auch Bernard Weber kann das Ausmaß der Zerstörung noch nicht fassen. „Ich bin seit 35 Jahren hier, aber so eine Katastrophe haben wir auf Hawaii noch nie gesehen“, sagt der gebürtige Schweizer. Mit seiner deutschen Ex-Ehefrau betreibt er in Kahului, im Osten der Insel, das Restaurant „Brigit & Bernard’s Garden Cafe“. Dort brannte es nicht, aber sein Wohnhaus in Wailea war von Flammen bedroht. Mitten in der Nacht hätten sie ihr Auto mit Wertsachen und Fotos vollgepackt und die Flucht ergriffen, erzählt der 62-Jährige. „Gerade haben wir die Pandemie überlebt, und nun das. Tankstellen, Supermärkte, Hotels und Häuser, alles ist weg“, beklagt Weber. Flüge nach Maui seien gestrichen worden, Touristen kämen nicht mehr auf die Insel. „Ich hoffe, dass ich weitermachen kann“, seufzt der Restaurantbesitzer. Freunden, die ihr Haus verloren hätten, habe er nun angeboten, bei ihm zu wohnen.
Der Gouverneur von Hawaii, Josh Green, sprach nach einem Rundgang durch den völlig ausgebrannten Küstenort Lahaina von der „wahrscheinlich größten Naturkatastrophe“ in der Geschichte des US-Bundesstaates Hawaii. Green erinnerte an das Jahr 1960, als Hawaii von einem Tsunami getroffen wurde. Die Flutwelle forderte damals 61 Menschenleben. Mit Blick auf die Flammenkatastrophe in Maui sagte Green, dass die Zahl der Toten wohl noch ansteigen werde. Viele hundert Häuser seien zerstört worden. Der Sachschaden gehe in die Milliarden. Der Wiederaufbau von Lahaina werde Jahre dauern.