Herzschmerz kennt kein Alter

von Redaktion

Späte Trennung: Was Experten verlassenen Senioren als Tipps mit auf den Weg geben

Berlin – „Ich sehe einfach keine Zukunft mit dir.“ So ein Satz sitzt. Ganz egal, ob man ihn mit 27 oder mit 67 Jahren hört. Wie geht es dann weiter? Experten wissen Rat.

„Gefühle altern nicht. Wenn man etwas Liebgewonnenes verliert, leidet man unter Verlustschmerz, unabhängig vom Alter.“ So bringt es Dorothee Döring auf den Punkt, die das Buch „Späte Trennung – Selbstbestimmt durchstarten mit 50+“ geschrieben hat. Bin ich noch liebenswert? Kann und werde ich jemals wieder eine Beziehung haben? Diese Fragen halten das Gedankenkarussell am Laufen. „Und viele schämen sich: Ich konnte meinen Partner, meine Partnerin nicht halten – was habe ich falsch gemacht?“, sagt die Beziehungsexpertin Silvia Fauck, die als Coach mit Menschen arbeitet, die von Liebeskummer betroffen sind. Nicht nur im Denken, auch im Körper setzt sich der Liebeskummer fest. Vielleicht ist der Nacken so stark verspannt, dass man den Kopf kaum drehen kann. Oder es regt sich keinerlei Appetit. Wie geht es nun weiter? Wer mit 65 oder 75 auf einmal alleine dasteht, dem fällt es schwer, eine Antwort auf diese Frage zu finden. „Liebeskummer im Alter bedeutet: In der Regel verlierst du damit auch deine Familie oder einen Freundeskreis oder ein Haus“, sagt Silvia Fauck. Was damit abhandenkommt: der Plan, das Ziel, die Richtung, die man sich für den Rest des Lebens gesetzt hatte.

Dazu kommt gerade im Alter die Angst, nicht wieder jemanden zu finden, mit dem man Alltag, Gefühle und das Bett teilen kann. „Wer jung ist, hat die Chance, sich noch oft zu verlieben“, sagt Dorothee Döring. „Im Alter wird es schwieriger, Kontakte zu knüpfen und Menschen zu finden, die auf derselben Wellenlänge liegen.“ Das liegt auch daran, dass man aufgrund seiner Lebenserfahrung bestimmte Menschen schneller aussortiert – Vorteil und Nachteil zugleich. „Wer öfter betrogen wurde oder sich von seinen Eltern nicht für voll genommen oder gar verlassen gefühlt hat, fällt wahrscheinlich eher in einen sehr tiefen Liebeskummer“, weiß Silvia Fauck. Menschen, die eine gewisses Maß an Resilienz, also psychischer Widerstandskraft haben, kommen tendenziell besser durch Liebeskummer, sagt auch Döring. Ohne eine gute Portion Geduld geht es aber nicht. Dass es schon nach zwei Monaten im Herzen nicht mehr sticht, wenn man an den oder die Ex denkt, an die gemeinsamen Urlaube, die kleinen Rituale im Alltag – das ist unrealistisch.

Silvia Fauck vergleicht die Verarbeitung eines Trennungsschmerzes mit einem Trauerjahr. „Ich habe in 20 Jahren nie erlebt, dass es kürzer als ein Jahr dauert, bis man den Liebeskummer aus dem Körper hat und sich wieder frei und gut fühlt.Was nach Ansicht der Expertin essenziell ist – an Gewohnheiten und Strukturen festhalten. „Dass man die Kinder besucht, sich ums Enkelkind kümmert, seinen Hobbys nachgeht, arbeitet, wenn man einen Job hat“, zählt Silvia Fauck auf. All das gibt Halt – auch wenn es gerade in der ersten Phase alles andere als leicht sein mag, Antrieb zu finden. Ablenkung allein reicht allerdings nicht, um den Liebeskummer zu bewältigen. Wichtig ist auch, sich mit der Trennung auseinanderzusetzen, anstatt Ängste, Wut und Traurigkeit zu verdrängen. „Sonst kommt das immer wieder hoch“, warnt Dorothee Döring.

Am Ende steht dann aber auch: neue Leute ins Leben zu lassen. Zum Beispiel, indem man in einer „Neu in der Stadt“-Gruppe in den sozialen Netzwerken nach neuen Bekanntschaften sucht. „Oder man meldet sich zu einem Single-Kochkurs an, da lernt man lustige Leute kennen“, sagt Silvia Fauck. Übrigens muss es gar nicht die neue Liebe sein, die eines Tages wieder Leichtigkeit ins Leben einziehen lässt. Fauck: „Es reicht manchmal schon, jemanden zu sehen, der einem gefällt. Daraus muss gar nichts werden. Aber man fühlt sich selbst wieder.“

RICARDA DIECKMANN

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