Frankenthal – Ein verurteilter Sexualstraftäter wird aus dem Gefängnis entlassen und steht unter Beobachtung der Behörden – doch nur rund zwei Monate später soll er im pfälzischen Edenkoben am Montag eine Zehnjährige auf dem Schulweg entführt und mutmaßlich missbraucht haben. In der Stadt herrscht Fassungslosigkeit – und Kritik am Vorgehen von Justiz und Behörden wird laut.
Der tatverdächtige 61-Jährige war erst im Juli aus dem Gefängnis entlassen worden. Die Freiheitsstrafe verbüßte er allerdings wegen Verstößen gegen die Führungsaufsicht, wie Staatsanwaltschaft und Polizei Frankenthal mitteilten. Seither habe es „intensive Kontrollmaßnahmen“ gegeben.
Wegen seiner Vorgeschichte und früherer psychologischer Gutachten habe sich die „Gefahr einer erneuten Straffälligkeit“ ergeben. Seit seiner Entlassung habe es drei Fälle gegeben, bei denen der 61-Jährige mutmaßlich gegen die Weisung der Führungsaufsicht verstoßen habe.
Daher hatte die Staatsanwaltschaft am 8. September Anklage erhoben und einen Haftbefehl wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr beantragt. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft sei am selben Tag fertiggestellt worden, sagte Hubert Ströber, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Frankenthal. Diese müsse auf dem Postweg an das zuständige Gericht übermittelt und dann dort geprüft werden, bevor ein Haftbefehl vollzogen werden könne. Bislang sei keine solche Akte eingetroffen, bestätigte das Amtsgericht Neustadt gestern. Vor dem Akteneingang sei keine Bearbeitung möglich.
Drei Tage nach der Beantragung des Haftbefehls, am Montag, soll der 61-Jährige das Mädchen auf dem Schulweg in sein Auto gezogen haben und die Zehnjährige sexuell missbraucht haben. Nach einer Verfolgungsjagd mit mehreren Unfällen nahmen Polizisten den Mann fest – er sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Die Zehnjährige wurde auf dem Rücksitz des Fahrzeugs gefunden.
In der Mitteilung der Staatsanwaltschaft heißt es, der Mann sei zuletzt 2008 mit Sexualstraftaten in Erscheinung getreten und 1996 sowie 2008 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. 2012 wurde er entlassen und unter die Führungsaufsicht gestellt.