Brisante Affäre: Krach nach Melonis Trennung

von Redaktion

Rom – Andere würden in so einer Situation von der Bildfläche verschwinden, aber nicht Andrea Giambruno. Der geschasste Lebensgefährte von Italiens Premierministerin Giorgia Meloni tauchte auch Tage nach seinen peinlichen und öffentlich gewordenen Einlassungen in den Sozialen Medien auf. Zuletzt sah man ein Foto des 42-Jährigen, mit neuem Kurzhaarschnitt beim Friseur.

Wer weiß, ob der Fernsehjournalist überhaupt ahnt, was er da angerichtet hat. „Mediaset verliert 151 Millionen Euro in zwei Tagen an der Börse“, schrieb die Zeitung „La Repubblica“ am Donnerstag. Mediaset ist der Medienkonzern im Besitz der Familie Berlusconi, die auch die Hand über der Regierungspartei Forza Italia hält, dem Koalitionspartner von Giorgia Melonis „Fratelli d’Italia“. Jener Konzern ist der Schauplatz einer inzwischen auch politischen Affäre.

24 Stunden nach Veröffentlichung der Audiomitschnitte, in denen Giambruno Kolleginnen anbaggert, sexistische Sprüche macht („Darf ich an meinen Sack fassen, wenn ich mit dir spreche?“) und Mitarbeit im Gegenzug für Gruppensex anbietet, zog die Ministerpräsidentin die Reißleine und trennte sich öffentlichkeitswirksam auf der Kurznachrichtenplattform X von ihrem Lebensgefährten und Vater ihrer Tochter. Nun aber gibt es einen Koalitionskrach, der an die Stabilität der Regierung Meloni und Europas drittgrößter Volkswirtschaft rührt.

Giambruno war als Nachrichtenmoderator beim Mediaset-Sender Rete 4 aktiv (und darf dort auch in Zukunft in der Redaktion weiterarbeiten). Veröffentlicht hat die aufgezeichneten Peinlichkeiten die Satire-Sendung „Striscia la notizia“ von Canale 5, ebenfalls zu Mediaset gehörend. Da horcht im Hause Berlusconi also nicht nur ein Sender den anderen aus. Die Familie Berlusconi, die den Koalitionspartner Forza Italia finanziert, ist als Mediaset-Eigentümerin indirekt für die Schwierigkeiten Melonis verantwortlich. Will da jemand die Regierungschefin boykottieren, die ein Jahr nach Antritt weiter auf einem Umfragehoch surft (29 Prozent), während die Koalitionspartner große Mühe haben?

Mediaset-Chef Piersilvio Berlusconi soll sich bei Meloni entschuldigt haben, er habe nichts von der Veröffentlichung gewusst. Am Mittwoch ergriff auch Marina Berlusconi, Chefin der Familienholding Fininvest, das Wort: „Ich schätze Giorgia Meloni sehr“, beeilte sich Silvio Berlusconis Erstgeborene zu schmeicheln. An der Mailänder Börse knickte Mediaset dennoch ein. „Effetto Giambruno“, der Giambruno-Effekt, meint die regierungskritische Presse. Politiker der Meloni-Partei schlagen nun Einladungen in Mediaset-Sendungen aus. Im Ministerrat sollen Anliegen von Forza Italia in Folge der Affäre bewusst übergangen werden. In Forza Italia schiebt man Meloni selbst einen Teil der Verantwortung zu, schließlich mache sie Mediaset und die Berlusconis für eine Kampagne gegen sie verantwortlich. Melonis Reaktion habe den Börsenkurs von Mediaset einbrechen lassen.

Dabei äußert sich die Regierungschefin kaum zur Affäre, sie sieht sich von Feinden umzingelt. Als „incazzata“ beschreibt sie ihr Umfeld, als „stinksauer“. „Die Bosheit gegen uns, die Methoden, die benutzt werden, um uns zu schwächen, haben ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht“, behauptete Meloni bei einer Parteifeier am Sonntag, zu der sie sich nur per Video zuschalten ließ. Von zu Hause, bei ihrer siebenjährigen Tochter, als vorbildliche Mutter. Cui bono? Wer wird von der Affäre letztlich profitieren? Vielleicht doch Meloni. Das Bild von der alleinerziehenden, betrogenen Premierministerin hat Sympathie-Potenzial.  jmm

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