Das Geschäft mit der Spielsucht

von Redaktion

Automaten und Sportwetten: 1,3 Millionen Menschen sind abhängig

Berlin – Pferdewetten, Sportwetten, Bingo, Roulette, Online-Spiele oder Spiele an Geldautomaten: Es gibt in Deutschland viele Möglichkeiten, sein Geld aufs Spiel zu setzen, es zu verlieren – und trotzdem süchtig zu werden. 1,3 Millionen Menschen haben nach Zahlen des aktuellen Glücksspielatlas, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde, eine Glücksspielstörung. Drei Millionen Menschen spielen laut Daten riskant.

Der Suchtbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf, um Glücksspielsucht zu bekämpfen. Um Jugendliche besser schützen zu können, müsse Sportwettenwerbung etwa im TV vor 23 Uhr verboten werden. Durch die Verquickung von Sport und Sportwetten finde eine gefährliche Verharmlosung statt, kritisierte er. Fast jeder Dritte, der eine Sportwette abschließt, weise eine Glücksspielstörung auf.

Als Glücksspielsucht wird „eine exzessiv-destruktive Teilnahme“ am Glücksspiel verstanden. Die Betroffenen erleben einen Kontrollverlust, verspielen immer mehr Geld, sind reizbar, versuchen ihre Sucht durch Lügen zu vertuschen und isolieren sich von ihrem sozialen Umfeld.

Etwa jeder 13. Spielende entwickelt gesundheitliche, finanzielle oder soziale Probleme. In vielen Fällen sind diese so massiv, dass Familien zerstört und Existenzen vernichtet werden.

Es stimme etwas nicht, wenn Jugendliche bei Online-Spielen durch sogenannte Lootboxen „in scheinbar harmlosen Games gezielt auf das Spiel mit Geld und vermeintlichem Glück gelockt werden“, sagt der Suchtbeauftragte. Zudem brauche es „dringend wirkungsvollere Maßnahmen gegen das illegale Automaten- und Onlinespiel“, so Blienert weiter.

Vier von zehn Teilnehmenden an Geldspielautomaten haben demnach eine Glücksspielstörung. Auch präventive Maßnahmen müssten gestärkt werden, erklärte der Bremer Glücksspielforscher Tobias Hayer. Glücksspielanbieter etwa seien verpflichtet, Spieler- und Jugendschutz wirksam zu erreichen, etwa durch Sperrung von Spielern. Laut Forschung erfolgen aber nur ein Prozent der Sperrungen durch Anbieter. „Glücksspielsucht ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und das wollen wir als Gesellschaft nicht.“

Besonders betroffen von Glücksspielsucht sind demnach vor allem Männer, junge Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und Mitglieder von Sportvereinen sowie deren Fans.

Die sogenannten Bruttospielerträge der Glücksspielbranche – also das was nach Abzug der ausgeschütteten Gewinne an Einnahmen reinkam – lagen im vergangenen Jahr bei 13,4 Milliarden Euro. Am meisten klingelt die Kasse bei den Anbietern immer noch im Bereich Glücksspielautomaten (4,8 Milliarden), dahinter folgt Lotto (4,1). Ein starker Zuwachs zeichne sich bei Sportwetten seit deren Legalisierung im Herbst 2020 ab (1,4 Milliarden). Der Staat nahm dem Papier zufolge 5,2 Milliarden Euro an Steuern durch legales Glücksspiel ein.

Fast jeder Dritte hat laut Glücksspielatlas im Jahr 2021 mindestens einmal im Jahr gespielt. Am stärksten nachgefragt ist das klassische Lotto 6 aus 49.

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