Berlin/München – Ob Seilbahnen, Drohnentaxis, das unterirdische Hochgeschwindigkeitssystem Hyperloop oder Magnetschwebebahnen – Vorschläge für neuartige Konzepte für den öffentlichen Verkehr gibt es in Deutschland in schöner Regelmäßigkeit. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Dirk Stettner, hat den Bau einer Magnetschwebebahn für die Hauptstadt ins Spiel gebracht. Es soll bereits eine Verständigung mit dem Koalitionspartner SPD geben. Die dafür notwendigen Trassen könnten deutlich schneller und günstiger gebaut werden als etwa neue U-Bahnstrecken, argumentierte Stettner. Ein weiterer Vorteil, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels beim Berliner Nahverkehrsanbieter BVG: Magnetschwebebahnen sind in der Regel fahrerlos unterwegs. Auch der Zeitplan blieb unklar. Als Kosten nannte der CDU-Politiker eine Summe „von 80 bis 85 Millionen Euro“.
Partner für das Großprojekt ist offenbar der Baukonzern Max Bögl aus Sengenthal in der Oberpfalz. Er drängt seit langem darauf, das „TSB“ – Transport System Bögl – in Deutschland zu errichten. In Chengdu/China gibt es bereits eine 3,5 Kilometer lange Teststrecke.
Auch in der Hauptstadt gab es schon einmal eine Magnetbahn. Die sogenannte M-Bahn führte in den 80er-Jahren vom Gleisdreieck in Berlin-Kreuzberg über den Landwehrkanal und die Station Bernburger Straße bis zum Kemperplatz in der Nähe des Potsdamer Platzes. 1984 als Versuch gestartet, verkehrte sie von 1989 bis 1991 im Regelbetrieb. Nach der Wende beendete das Land das Projekt schnell und setzte stattdessen auf den Ausbau des U-Bahnnetzes. Später machte der Plan einer Magnetschwebebahn („Transrapid“) vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen Furore – bis Bund und Land das Projekt 2008 beerdigten. Gründe waren Kostensteigerungen (1,85 Milliarden Euro für 37 Kilometer), aber auch Sicherheitsbedenken, nachdem 2006 auf einer Versuchsstrecke im Emsland 23 Menschen bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Was im Gedächtnis blieb, war eine sprachlich verunglückte Transrapid-Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber („am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug“) aus dem Jahr 2002.
Aus Sicht des Verkehrsforschers Andreas Knie sind die Argumente gegen eine Magnetbahn weiterhin gültig. „Magnetschwebebahnen sind Hochleistungs-Massenverkehre, die sehr viele Menschen zur gleichen Zeit von A nach B bringen“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität am Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung. „Das wäre eine gute Idee für das Berlin in den 20er-, 30er- oder 40er- Jahre gewesen, aber nicht für das heutige Berlin.“
Die Stadt sei vielfältiger, kleinteiliger geworden. Die vorhandenen Massenverkehrsmittel – U-Bahn, S-Bahn und Straßenbahn – reichten für diese Verkehre völlig aus, betont Knie. „Die Idee, jetzt einen ganz neuen Verkehrsträger zu bauen in einer hochverdichteten, hochversiegelten Stadt, ist aus der Zeit gefallen und einfach sinnlos.“ Noch schärfere Kritik kam am Montag vom Berliner Landesverband im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Insbesondere der Vorschlag, die Magnetbahn aus dem Berliner Klima-Sonderfonds zu finanzieren, sei „eine absolute Verhöhnung aller Menschen, die ernsthaft den Klimaschutz schnell voranbringen wollen“, teilte der Verband mit.
Nun bleibt abzuwarten, wie es in Berlin weitergeht. Es gibt weder einen Senatsbeschluss noch ist im aktuellen Haushalt Geld dafür vorgesehen. Offen blieb auch, wo die Bahn durch die Stadt führen könnte. Fünf Kilometer in der Innenstadt werden genannt. In der Diskussion war auch schon eine Strecke vom Stadtrand bis zum Hauptstadtflughafen BER. Ob diese Route wie einst in München vorgesehen innerhalb von zehn Minuten zu bewältigen wäre, dazu gibt es bisher keine Aussage. dw,dpa