Vatikan verurteilt erstmals Kardinal zu Haftstrafe

von Redaktion

Vatikanstadt – Im großen Vatikan-Finanzprozess um fragwürdige Millionendeals ist erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche ein Kardinal von einem Gericht des Kirchenstaates zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der Vatikan-Gerichtshof verhängte am Samstag gegen den italienischen Kardinal Angelo Becciu wegen seiner Verwicklungen in einen Finanzskandal sowie verlustreiche Immobiliendeals eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren sowie eine Geldstrafe von rund 8000 Euro. Es verhängte zudem das Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden.

In dem am meisten Aufsehen erregenden Kapitel, dem von Becciu verantworteten verlustreichen Investment in eine Luxus-Immobilie in London, erkannte das Gericht, dass Becciu sich der Veruntreuung schuldig gemacht habe. Er habe 2013 und 2014 rund 200 Millionen US-Dollar in ein einziges Investment gesteckt. Bei der Summe habe es sich damals um etwa ein Drittel des gesamten Vermögens des vatikanischen Staatssekretariats gehandelt. Dennoch habe Becciu nicht überprüft, ob die Voraussetzungen für ein solches Investment gegeben gewesen seien.

Ebenfalls für schuldig befanden die vatikanischen Strafrichter Kardinal Becciu wegen der Zuwendung von insgesamt 570 000 Euro an seine Bekannte Cecilia Marogna. Sie hätten gemeinsam einen schweren Betrug organisiert, um ihr dieses Geld unter dem Vorwand eines guten Zwecks zuzuschanzen. So hätten sie wahrheitswidrig behauptet, dass es einer Geiselbefreiung diene. Marogna wurde wegen ihrer Mitwirkung daran zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neuen Monaten verurteilt.

Becciu, der einst zu den engsten Beratern von Papst Franziskus gehörte, darf zwar seinen Kardinaltitel behalten, aber nicht mehr an einer Papstwahl teilnehmen. Sein Anwalt kündigte nach dem Urteil Berufung an. Außer Becciu standen neun weitere Angeklagte vor Gericht.

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