Los Angeles – Die Geschichte ist in Hollywood längst Legende. Carl Weathers spricht für die Rolle des Box-Weltmeisters Apollo Creed vor und soll dafür ein bisschen mit Sylvester Stallone boxen. Stallone ist unzufrieden mit Weathers’ Übereifer, und der sagt, man solle ihm statt einem Statisten den echten Star holen, dann könne er zeigen, was er drauf habe. Als man Weathers erklärt, Stallone sei der Star des Films Rocky sowie der Drehbuchautor, kontert der trocken: „Na ja, vielleicht macht er sich noch ein bisschen“. Stallone ist begeistert und besetzt Weathers sofort als Rockys Kontrahenten.
Genauso soll Apollo Creed, leicht erkennbar eine von Muhammed Ali inspirierte Figur sein: Schlagfertig, ein Topathlet mit Präsenz, gut aussehend. Weathers hatte gerade seine Karriere als Profi in der obersten Football-Liga beendet und war ebenso wie Stallone ein unbeschriebenes Blatt in der Branche. Der elegante Charismatiker Creed und der brachiale Prolet Rocky sind ein klassisches Leinwand-Paar geworden, das Filmgeschichte geschrieben hat.
Um Filmmaterial und Zeit zu sparen, üben Stallone und Weathers ihren Kampf über unzählige Stunde akribisch ein und führen dann vor der Kamera ein regelrechtes Boxballet auf. Ohne Stallone gäbe es Rocky nicht, aber ohne Weathers exzellentem Porträt des großmäuligem Champions hätte Stallone als sympathischer Außenseiter nicht so glänzen können. Nicht ohne Grund schreibt ihn Stallone in drei weitere Fortsetzungen von Rocky, auch wenn es immer mal wieder zu Reibereien kommt – Weathers verfügt über ein gesundes Selbstbewusstsein und lässt sich von Stallones Ruhm nicht beeindrucken. Stallone wird ein Weltstar, Weathers macht eine ehrenwerte Karriere.
Nach „Rocky“ nutzt Weathers seine Chance und schlägt sich achtbar. Man schreibt die 70er- und 80er- Jahre, die interessanten Rollen für Afroamerikaner sind überschaubar. 1977 ist er in „Unheimliche Begegnungen der dritte Art“ zu sehen, 1987 taucht Weathers in einem weiteren Meilenstein auf, „Predator“, beides Klassiker des Science Fiction Genres. Seine markante Stimme ist später in den „Toy Story“-Filmen zu hören. Zunehmend verlegt er sich aufs Fernsehen und beginnt, auch Regie zu führen, sehr gekonnt übrigens. Zuletzt ist Weathers wieder in einem speziellem Projekt zu sehen, dem spektakulärem „Star Wars“-Ableger „The Mandalorian“, bei dem er auch einige Male inszeniert. Nun ist Carl Weathers, der mit Würde getragen hat, dass ihn viele nur auf Rocky reduziert haben, mit 76 Jahren gestorben. „Ich mag, wer ich bin“ darf er in „Rocky IV“ sagen. Er hat es genauso gemeint.
ZORAN GOJIC