Australien jagt die tierischen Einwanderer

von Redaktion

Aga-Kröten und Feuerameisen machen Outdoor-Leben zur Hölle – Viele lebensgefährliche Arten

VON MATTHIAS BUSCH

Australien ist berüchtigt für seine hochgiftigen Tiere. Nahezu alles, was potenziell tödlich werden kann, kreucht und fleucht auf dem fünften Kontinent herum, auf dem derzeit viele Touristen den Sommer genießen. Dabei könnten Urlauber auch zweier invasiver Arten ansichtig werden, deren explosives Wachstum und Aggressivität das weltweit gerühmte Outdoor-Leben Down Under zunehmend zur Hölle machen. Jetzt bläst das Land zur Jagd auf monströse Aga-Kröten und fiese Feuerameisen – ein Kampf, den allerdings die Tiere zu gewinnen scheinen.

Dabei hat Australien schon genug zu tun mit gefährlichen Mitbewohnern. So könnte der Inlandtaipan, eine Schlange, mit einem Biss gleich 200 Menschen töten. Glücklich schätzen kann sich, wer das Gegengift zur Hand hat. Ihrem Namen alle Ehre macht die Todesotter, deren Trägheit aber wenigstens noch einen geordneten Rückzug erlaubt. Eile geboten ist auch beim Gegengift für die Trichternetzspinne, die gerne in Wohnhäuser rund um Sydney zieht. Bis 400 Menschen werden jährlich zudem von der Rotrückenspinne traktiert – auch, weil sie sich gerne unter dem Toilettendeckel versteckt. Ein Bad im Meer ist ebenfalls nicht immer ratsam, weil Haie in Strandnähe Surfer attackieren können und tödliche Würfelquallen ihre unsichtbaren Tentakel nach Schwimmern ausstrecken. Mit gefräßigen Krokodilen muss man im Süß- wie im Salzwasser rechnen.

Was viele nicht auf dem Schirm haben: Selbst Ameisen schaffen es Down Under, Menschen anzugreifen. Eine Attacke, die mitunter zum anaphylaktischen Schock führt. So bei der Roten Feuer-ameise, die als „illegale Einwanderin“ erst seit den 2000er-Jahren in Australien unterwegs ist – vermutlich eingeschleust durch Frachtschiffe. Seitdem breiten sich die Insekten explosionsartig aus. Dabei gefährden sie nicht nur die einheimische Tier- und Pflanzenwelt. Das Land setzte das „größte Ausrottungsprogramm der Welt“ in Gang, so Graeme Dudgeon, Leiter des 400 Millionen Dollar schweren Plans. Sieben Plagen hat man eindämmen können. Doch die Krabbler sind gekommen, um zu bleiben. Was auch daran liegt, dass die Tierchen bis zu fünf Kilometer weit fliegen, „per Anhalter“ neue Gebiete erschließen und sogar Brücken über Flüsse bilden können, in- dem sie sich mit ihren Kiefern und Füßen nacheinander verhaken und dabei noch Luftblasen bilden, die der Brücke Auftrieb verleihen. Damit nicht genug, sind sie wohl die größte Gefahr für den australischen Lebensstil. Denn dort, wo sich die angriffslustigen Tiere ausbreiten, wird einem der Spaß am Picknick, Grillen oder das Barfußlaufen im Garten gründlich verdorben – zu höllisch schmerzen die Bisse.

Damit nicht genug, wird Australien auch noch von den Aga-Kröten überrannt. Die bis zu 22 Zentimeter großen und über ein Kilo schweren Amphibien sind aufgrund ihrer schnellen Vermehrung eine Bedrohung für einheimische Tiere. Blöd, dass sich das Land die warzigen Tiere selbst eingehandelt hat. 1935/36 führte man ein paar hundert Exemplare ein, um der Zuckerrohr-Schädlinge Herr zu werden. Seitdem explodiert die Population: Weil ein Weibchen zweimal im Jahr bis zu 36 000 Eier produziert, gibt es heute – geschätzt – 200 Millionen Exemplare. Die schleimigen Riesen sind Allesfresser: Insekten, Spinnen, Würmer, Schnecken. Gerne hocken sie vor Bienenstöcken und fangen die mit Nektar und Pollen beladenen Insekten vorm Einflugloch ab. Gibt’s sonst nix, fressen sie Aas oder Artgenossen. Sie selbst haben kaum Fressfeinde: Ihr Hautgift verdirbt fast allen den Appetit.

Deshalb blasen die Australier immer im Januar zur Jagd auf die Tiere. „Jede entfernte Aga-Kröte zählt!“, machen Naturschützer klar. Die Jagd-Organisation Watergum rät, die eingesammelten Exemplare für 24 Stunden im Kühlschrank ins Halbkoma zu versetzen. Danach geht’s für weitere 24 Stunden in die Kühltruhe. Nach einem Schlag auf den Kopf sind sie sicher tot. Helfen tut’s wohl eher weniger: Was nützen zehntausende tote Kröten bei Millionen Überlebenden?

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