Moskau – Es sind gespenstische Bilder, die da via Handy-Videos in die sozialen Netzwerke schwappen. Drei Männer bahnen sich mit automatischen Waffen den Weg in die Crocus City Hall in der Stadt Krasnagorsk. Sie schießen auf Besucher und Mitarbeiter, die ihnen völlig schutzlos ausgeliefert sind. Schon da ist klar, dass die Region der russischen Hauptstadt einen der schwersten Anschläge seit Jahren erlebt.
Am Abend, die Situation war noch immer völlig unübersichtlich, sprach der russische Inlandsgeheimdienst FSB von 40 getöteten Menschen. Ersten Erkenntnissen zufolge seien mehr als 100 Menschen verletzt worden, wurde die Behörde von der Agentur Interfax zitiert. Russlands zentrales Ermittlungskomitee nahm ein Verfahren wegen eines mutmaßlichen „Terrorakts“ auf.
Nach Behördenangaben wurden nach den Schüssen und einem Brand in der Veranstaltungshalle weitere Explosionen gemeldet. Unbekannte in Kleidung in Tarnfarben hätten die Crocus City Hall kurz vor Beginn eines Konzerts gestürmt und das Feuer eröffnet, teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft mit. Die Hintergründe des Vorfalls waren zunächst unklar. Bei den Opfern soll es sich russischen Medien zufolge sowohl um Mitarbeiter als auch um Besucher der Konzerthalle handeln.
An dem berühmten Gebäude waren lodernde Flammen zu sehen und eine riesige Rauchwolke. Das Dach soll eingestürzt sein. Die Lage war unübersichtlich. Nach Behördenangaben waren Dutzende Rettungswagen im Einsatz und viele Busse, um Menschen in Sicherheit zu bringen. In den Zuschauersälen gibt es Tausende Plätze.
Westliche Botschaften hatten zuletzt vor Terroranschlägen in Moskau gewarnt. In einer Mitteilung der US-Botschaft vom 7. März hatte es geheißen, Extremisten hätten Pläne, große Menschenansammlungen ins Visier zu nehmen. Explizit wurde vor Konzerten gewarnt. Die Botschaft rief US-Bürger dazu auf, solche Ansammlungen zu meiden. Der Kreml hatte dies als Provokation des Westens bezeichnet.
Experten wie der Terrorforscher Peter Neumann verwiesen am Freitagabend dagegen auf Islamisten – beispielsweise dem Islamischen Staat Provinz Khorasan (ISPK). Dieser war zuletzt immer wieder mit Terrorplänen in Europa in Verbindung gebracht wurden – beispielsweise kurz vor Weihnachten, als der Kölner Dom ins Visier einer islamistischen Gruppe rückte. Auch die zwei kürzlich in Gera (Thüringen) festgenommenen Islamisten, die einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben sollen, werden mit dem ISPK in Verbindung gebracht.
Kurz nach Bekanntwerden des Angriffs gab es bereits erste Reaktionen aus dem Ausland. Das Weiße Haus teilte auf Nachfrage mit, es gebe derzeit keine Anhaltspunkte für eine Verbindung in die Ukraine. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington. Man könne noch nicht viel zu den Details mitteilen, rate aber zu diesem frühen Zeitpunkt eindringlich von der Annahme ab, dass es eine Verbindung zur Ukraine gebe. „Die Bilder sind einfach schrecklich“, betonte Kirby außerdem und sagte, man sei in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen.