München – Gefühlt ganz England bangt um eines der beliebtesten Mitglieder der königlichen Familie: Mit gerade mal 42 Jahren ist Prinzessin Kate an Krebs erkrankt, sie bekommt derzeit eine Chemotherapie. Die genaue Diagnose nannte die dreifache Mutter nicht, aber Fakt ist: Sie teilt das Schicksal von immer mehr jungen Patienten, darunter besonders viele Frauen. Das kristallisiert sich in immer mehr wissenschaftlichen Studien heraus.
Vor dem Hintergrund dieser alarmierenden Entwicklung fordern Krebsspezialisten eine Ausweitung und Verbesserung der Vorsorgeuntersuchungen insbesondere bei jüngeren Menschen unter 50 Jahren. So müssten beispielsweise verstärkt Künstliche Intelligenz (KI) zur Früherkennung eingesetzt, bessere Labortests und individuelle Präventionsprogramme entwickelt werden, sagte der Münchner Krebsforscher Prof. Hana Algül unserer Zeitung (siehe Interview unten).
In Medizinerkreisen schürte unter anderem eine internationale Großstudie unter Führung chinesischer Forscher wachsende Besorgnis. Danach stieg die Zahl der Krebsfälle bei Menschen unter 50 Jahren in den letzten 30 Jahren drastisch an. „Im Jahr 2019 wurden weltweit 3,26 Millionen Krebsneuerkrankungen bei unter 50-Jährigen diagnostiziert. Das sind 79,1 Prozent mehr als 1990“, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „BMJ Oncology“. Zudem sterben immer mehr Menschen mittleren Alters an Tumorerkrankungen.
Den gefährlichen Trend belegen auch Datenauswertungen des US-Krebsinstituts. Danach sind jüngere Frauen wie die englische Prinzessin Kate besonders stark von der Zunahme der Tumorleiden betroffen. Nach Brustkrebs und Schilddrüsenkarzinomen wurde am häufigsten Darmkrebs im Frühstadium diagnostiziert. „Auch in Deutschland nimmt Darmkrebs insbesondere bei Patienten zwischen 30 und 50 Jahren rasant zu“, bestätigt Professor Franz G. Bader in einem Gespräch mit unserer Zeitung.
Gerade im Zusammenhang mit Darmkrebs warnte sein Chefarzt-Kollege vom Münchner Isarklinikum, Dr. Holger Seidl, vor der Gefahr durch die Gene: „Bei jüngeren Patienten hat sich die erbliche Vorbelastung als mit Abstand wichtigster Risikofaktor herauskristallisiert. Wenn Verwandte ersten Grades – also Eltern oder Geschwister – bereits an einem kolorektalen Karzinom erkrankten, ist das persönliche Risiko um mehr als das Vierfache erhöht.“ Seidl rät dazu, weitere Risikofaktoren ernst zu nehmen. So hätten beispielsweise Patienten mit sehr häufigem Sodbrennen über Jahre ein höheres Risiko für Speiseröhrenkrebs. Auch die Sonne sei tückisch, so zeige sich bei Frauen zwischen 45 und 55 eine auffällige Zunahme von Melanomen (schwarzer Hautkrebs).
Zudem könne falsche Ernährung Krebs begünstigen, so Dr. Birgit Terjung, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Mit Blick auf die bevorstehenden Ostertage warnte sie davor, dass rotes Fleisch vom Lamm, Rind oder Schwein die Entstehung von Krebs begünstigen kann. Die aktuelle Empfehlung der Mediziner: lediglich 300 Gramm rotes Fleisch und ein Ei pro Woche. ANDREAS BEEZ