Die Vulkan-Angst geht um im Westen Neapels

von Redaktion

„Ich will nur noch weg“: Das Leben auf den Phlegräischen Feldern nach den Beben der letzten Tage

Einwohner von Pozzuoli flüchten nachts auf die Straße: Wie soll es weitergehen? © Ciro FUSCO / ANSA / AFP

Pozzuoli – Es war am Mittwochmorgen, als erneut ein Erdbeben die Bewohner von Pozzuoli und Umgebung verstörte. Bereits am Montagabend hatte die Erde über dem Supervulkan der Phlegräischen Felder gebebt, so heftig wie seit 40 Jahren nicht. 150 Erdstöße innerhalb von vier Stunden registrierten die Experten des Nationalen Instituts für Vulkanologie und Geophysik, der heftigste am Montagabend erreichte den Wert 4,4. Der Spuk bei Neapel ist nicht vorbei.

Die Bevölkerung am Vesuv ist alarmiert. „Es reicht, ich will nur noch weg“, so zitierte der „Corriere della Sera“ die Anwohnerin Erika Bucci aus Pozzuoli. Hier liegen die Phlegräischen Felder mit der Solfatara im Ortszentrum, aus der seit Jahrzehnten Vulkandampf austritt. Touristen kamen, manche grillten Würstchen in den Dämpfen. Ihre Harmlosigkeit haben die Gase spätestens seit dem Erdstoß am Montag verloren. Die Bedrohlichkeit des unterirdischen Vulkans ist nun zum Greifen. Experten geben Entwarnung, ein Ausbruch stehe nicht unmittelbar bevor.

„Ich bin hier zu Hause“, sagt Bucci, „aber man kann hier nicht mehr leben. Gestern habe ich nur geweint. Wenn ich bleibe, werde ich krank. Pozzuoli stirbt. Aber meine größte Sorge ist, dass sie uns nicht die ganze Wahrheit sagen.“ Doch auch die Wissenschaftsgemeinde ist sich nicht einig, was genau im Untergrund Pozzuolis, 15 Kilometer östlich von Neapel, vor sich geht.

Der letzte Ausbruch des Supervulkans datiert aus 1538. Heute ist vom „Bradyseismus“ in den Phlegräischen Feldern die Rede, ein Phänomen, bei dem sich der Untergrund langsam hebt und senkt. Ob aufsteigendes Magma oder nur aus dem Magma austretende Gase der Grund sind, ist umstritten. Seit Jahresbeginn hat sich der Boden in Pozzuoli um 7,5 Zentimeter erhoben, seit Januar 2023 um 25 Zentimeter. „Es ist klar, dass die Erschütterungen noch Monate und Jahre andauern oder einfach abklingen können“, sagt Zivilschutzminister Nello Musumeci.

Sichtbar waren vor allem die Folgen der Erdstöße: 46 Familien mussten ihre Wohnungen wegen statischer Schäden verlassen. Insgesamt gingen bei Zivilschutz und Gemeinde 800 Anträge zur Überprüfung der Statik ein. Die Gemeinde Pozzuoli ließ am Dienstag vier Zeltstädte errichten, um den rund 150 Menschen vorübergehend ein Dach über dem Kopf zu geben. Manche Anwohner schliefen in Autos. Am Dienstag wurde das Frauengefängnis (138 Insassinnen) evakuiert, mehrere Betriebe, der Friedhof und ein Markt blieben geschlossen. JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Artikel 5 von 11