Der Erdrutsch hat bei Fontana im Bavonatal mehrere Häuser zerstört. Dabei wurde auch deutsche Urlauberinnen getötet. Sie kamen aus Baden-Württemberg. © Golay/epa
Noch immer werden mindestens vier Menschen vermisst, die Suche nach ihnen geht weiter. © Buchholzer/epa
Eines der zerstörten Häuser bei Fontana. Möglich, dass noch mehr Tote geborgen werden. © Golay/epa
Bundespräsidentin Viola Amherd besucht das Unglücksgebiet. Im Hintergrund die zerstörte Visletto-Brücke. © Bott/epa
Fontana – Diese Bilder wird Kevin B. soll schnell nicht mehr aus dem Kopf kriegen: Der Teenager berichtete gestern der Zeitung „Blick“, wie er zusammen mit seinem Vater am Sonntagmorgen zwei der Opfer des verheerenden Erdrutsches im schweizerischen Maggiatal tot gefunden habe. Der 16-Jährige, der mit seiner Familie weiter unten im Tal wohnt, war am frühen Morgen Richtung Fontana aufgestiegen. Die Familie hatte von dem Erdrutsch gehört und wollte nachsehen, weil sie selbst oben im Tal ein Haus besitzt. Sie hätten bei Fontana ein zerstörtes Rustico gesehen. So heißen die kleinen Häuser in traditionellem Stil, meist aus Granitsteinen, die oft als Ferienwohnungen vermietet werden. In dem Schutt hätten sie zwei Personen gefunden und festgestellt, dass sie nicht mehr lebten.
Sie hätten die Polizei nicht alarmieren können, weil der Handyempfang in dem Tal nicht funktionierte. Sie stiegen wieder ab und gingen zur Polizei, berichtete der Junge der Zeitung. „Ich werde die Bilder nie mehr vergessen. Es beschäftigt mich und macht mich traurig“, sagte er. Die dritte Leiche war erst später gefunden worden.
Nach den heftigen Unwettern vom Wochenende ist die Zahl der Todesopfer in der Schweiz damit auf fünf gestiegen. Wie die Polizei des Kantons Tessin mitteilte, wurde eine weitere Leiche von einem Militärhubschrauber im Maggiatal entdeckt und später vom Luftrettungsdienst geborgen. Bei vier Todesopfern handelt es sich um Deutsche. Die Einsatzkräfte suchten am Mittwoch weiter nach mehreren Vermissten. Nach Angaben der Polizei gingen Vermisstenmeldungen für zwei Männer und zwei Frauen ein. Über ihre Identität machte die Polizei keine Angaben. Damit werden im Maggiatal weiterhin mindestens fünf Personen vermisst. Sie könnten von den reißenden Wassermassen der angeschwollenen Maggia oder Geröll mitgerissen worden sein.
Im Tessiner Maggiatal waren am Samstagabend sintflutartige Regenfälle niedergegangen. Drei Menschen starben bei einem Erdrutsch in der Gegend von Fontana im Bavonatal. Das Bavonatal ist ein Seitental des Maggiatals und wurde besonders stark von dem Unwetter getroffen.
Bei den Todesopfern handelt es sich nach Angaben der Tessiner Kantonspolizei um drei deutsche Frauen im Alter zwischen 73 und 76 Jahren aus Baden-Württemberg. Ihre Leichen waren am Sonntagmorgen gefunden worden.
Ein Polizeisprecher sagte der dpa, er gehe davon aus, dass mindestens zwei der drei Frauen zusammen im Urlaub waren. Es sei schwer zu sagen, wer genau in welchem Haus gewohnt habe, weil in dem Gebiet des Erdrutsches kein Stein mehr auf dem anderen geblieben sei. Es waren meterhohe Schuttberge entstanden. Geröll türmte sich auf den Wegen und Straßen. Autos wurden zerstört.
Die Behörden gaben am Dienstag neue Flutwarnungen für das Maggiatal aus und forderten Bewohner dazu auf, ihre Häuser zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen.
Im angrenzenden Kanton Wallis im Südwesten der Schweiz starb am Wochenende nach Angaben der Polizei ein 67-jähriger Deutscher in Saas-Grund, der von dem plötzlichen Anstieg der Wassermassen im Untergeschoss eines Hotels überrascht wurde.
Der Fluss Maggia hatte in der Nähe von Cevio eine Brücke mitgerissen, das obere Maggiatal war nach den Unwettern nur noch aus der Luft zugänglich. Zur Unterstützung der Aufräumarbeiten wurden Soldaten in das Gebiet geschickt.
In einem Teil des Tals gab es am Montag weder Strom noch Trinkwasser. Im Wallis hatten der Regen und das Hochwasser der Rhône erhebliche Sachschäden verursacht.
Auswirkungen hat das Unglück auch auf den Tourismus. Christian Vigne, Tourismusdirektor der Region Misox. sagte dem SRF: „In den nächsten Monaten Juli, August und auch September haben wir Leute, die die Reservierung gelöscht haben.“