Mit einem Koala: Japans Premier Kishida 2022. © Gosatti/dpa
Gar nicht genug kuscheln dürfen Mama Koala und ihr Junges. Hautnahe Kontakte mit Menschen sollen in Australien auf ein Minimum reduziert werden. © dpa
Brisbane – Einen Koala aus nächster Nähe erleben und ihn im Arm halten – für manche Touristen ist das ein lang gehegter Traum. Was viele vor ihrer Australien-Reise aber nicht wissen: In den meisten Bundesstaaten ist es längst nicht mehr erlaubt, mit den possierlichen Beuteltieren zu kuscheln. Einzige Ausnahmen: South Australia und Queensland. Doch genau in einem dieser Bundesstaaten hat sich nun ein bekanntes Schutzzentrum diesem Kuschel-Verbot angeschlossen und damit neue Diskussionen entfacht.
Das „Lone Pine Koala Sanctuary“ in Brisbane war jahrelang die Top-Adresse, wenn es um hautnahe Kontakte mit den Eukalyptus-Fressern ging. Staats- und Regierungschefs wie der ehemalige US-Präsident Barack Obama oder Stars aus der Musik- und Sportszene wie Taylor Swift und Roger Federer hielten hier schon Koala-Bären im Arm.
Kuscheln verursacht Stress bei Koalas
Bei vielen Australiern ist die Enttäuschung groß, dass dies nun nicht mehr möglich ist. „Ich werde nicht mehr hingehen, wenn ich keinen Koala mehr knuddeln kann. Danke für die Erinnerungen, Lone Pine, und ich wünsche Euch aufrichtig weiterhin viel Erfolg“, zitierte die Nachrichtenseite News.com.au eine regelmäßige Besucherin. In einer Mitteilung des Schutzzentrums hatte es zuvor geheißen, dass es unter den Gästen eine steigende Nachfrage nach „intensiveren und lehrreicheren Erlebnissen“ gebe, die das Kuscheln nicht unbedingt beinhalten. Viele wollten, statt nur für Fotos zu posieren, mehr Zeit in der Gegenwart der Tiere und ihrer Pfleger verbringen. Ob Interaktionen wie Kuscheln den Tieren schadet, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
Die Tierschutzorganisation World Animal Protection weist eindringlich darauf hin, dass „das Kuscheln, Halten oder Fotografieren eines gefangenen Koalas“ bei dem Tier „stillen Stress“ verursacht. Denn in freier Wildbahn verbringt ein Koala schon mal rund 20 Stunden am Tag mit schlafen. Den Rest döst und isst er. Das „Lone Pine Koala Sanctuary“ gibt es schon seit 1927. Es gilt als das älteste und größte seiner Art. Zur damaligen Zeit wurden Koalas aufgrund ihres Fells gejagt. Das Zentrum startete mit gerade einmal zwei Exemplaren. Heute leben dort rund 100 Koalas.
Um es den Besuchern nicht ganz so schwer zu machen, führt das Schutzzentrum nun eine neue Attraktion ein: ein „Koala Close-Up“. Tierfreunde können die Beutelsäuger weiter aus nächster Nähe erleben und ihnen beim Fressen, Schlafen und Entspannen zugucken, aber eben ohne körperlichen Kontakt. „Wir freuen uns, dass sowohl einheimische als auch internationale Gäste dazu übergehen, die australische Tierwelt aus der Nähe erleben zu wollen, aber nicht notgedrungen physisch“, hieß es in einer Mitteilung des Zentrums. Während das Im-Arm-Halten von Koalas fast überall inzwischen illegal ist, dürfen die Tiere in manchen Einrichtungen und Bundesstaaten aber noch berührt werden.
Etwa in New South Wales, wo „Tätscheln, Streicheln und Anschmiegen“ an einen Koala erlaubt ist. Im Australia Zoo an der Sunshine Coast, der von der Familie des „Crocodile Hunter“ Steve Irwin betrieben wird, sowie im Currumbin Wildlife Sanctuary südlich von Brisbane ist Kuscheln noch möglich, allerdings auf eigene Kosten für rund 70 Euro pro Person.
Tierschützer wollen Verbot ausweiten
Würde es nach der Tierschutzorganisation gehen, dann wäre damit aber auch hier bald Schluss. In einer Petition fordert die Organisation ein komplettes Verbot auch in Queensland. Die Regionalregierung hat derzeit aber keine Absicht, die Regeln zu ändern. Die Vorgaben und Ruhezeiten für Koalas seien bereits sehr streng, zitierte der australische „Guardian“ Regionalpremier Steven Miles.
CAROLA FRENTZEN