Geburtenrate in Deutschland sinkt deutlich

von Redaktion

Globale Krisen und Existenzängste: Frauen bekommen immer weniger Kinder

Immer weniger Babys kommen in Deutschland zur Welt. Globale Krisen tragen zur sinkenden Geburtenrate bei. © Heese/epd

Wiesbaden – In Deutschland sind im vergangenen Jahr weniger Kinder auf die Welt gekommen: Insgesamt wurden 692 989 Kinder geboren, das waren 45 830 oder sechs Prozent Neugeborene weniger als 2022 mit 738 819 Mädchen und Jungen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Weniger Kinder als 2023 waren in Deutschland zuletzt 2013 geboren worden (682 069).

Die häufig als Geburtenrate bezeichnete zusammengefasste Geburtenziffer sank 2023 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent von 1,46 auf 1,35 Kinder je Frau. Schon 2022 war die Geburtenziffer um 8 Prozent gesunken. Damit verstärkte sich laut Statistik ein seit 2017 zu beobachtender und nur im Jahr 2021 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie unterbrochener Rückgang der Kinderzahl je Frau in den vergangenen beiden Jahren deutlich. Zuvor war die Geburtenziffer von 2011 bis 2016 wegen „verbesserter Rahmenbedingungen“ für Familien mit Kindern und der Zuwanderung von 1,39 auf 1,59 gestiegen. Die vorläufigen Geburtenzahlen für die ersten vier Monate des laufenden Jahres zeigen den Angaben zufolge einen weiteren, jedoch abgeschwächten Rückgang um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die zusammengefasste Geburtenziffer gibt den Statistikern zufolge an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre wie das aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im jeweils betrachteten Jahr.

Vergangenes Jahr sank die Geburtenrate in allen Bundesländern. Besonders stark nahm sie in den nördlichen und östlichen Ländern ab, darunter in Sachsen (minus zehn Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (minus neun), Brandenburg (minus acht) und Schleswig-Holstein (minus acht). Im Saarland war der Rückgang mit minus ein Prozent am schwächsten. Die höchste Geburtenziffer mit 1,46 Kindern hatte Bremen. Auch in Bayern sank die Geburtenrate mit 1,37 Kindern je Frau auf ein Zwölfjahrestief. Am niedrigsten war die Geburtenhäufigkeit in Berlin mit 1,17 Kindern je Frau.

Die Geburtenrate sank sowohl bei Frauen mit deutscher als auch bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit um sieben Prozent – ausgehend von unterschiedlichen Niveaus: So ging sie bei deutschen Frauen von 1,36 auf 1,26 und bei Ausländerinnen von 1,88 auf 1,74 Kinder zurück. „Damit die Bevölkerung eines Landes – ohne Zuwanderung – nicht schrumpft, müssten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden“, hieß es.

Mütter waren im vergangenen Jahr bei einer Geburt im Schnitt 31,7 Jahre und Väter 34,7 Jahre alt. Damit nahm das Alter der Mütter bei der Geburt im Vergleich zu 2021 (31,8 Jahre) leicht ab, während das Alter der Väter konstant blieb, wie das Statistikamt mitteilte.

Forscher sehen wirtschaftliche Probleme sowie globale Krisen als Gründe für den Rückgang. Außerdem zeigen Studien, dass Geburtenraten in Ländern wie Deutschland, wo viele Frauen einen hohen Bildungsstand haben, generell niedriger sind. Auch die Angst vor beruflichen Nachteilen, halte Frauen davon ab, Kinder zu kriegen. Bei der Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Eltern liegen einer Studie zufolge Wunsch und Wirklichkeit nämlich teils deutlich auseinander: Das klassische Zuverdienermodell, bei dem der Vater Vollzeit und die Mutter höchstens Teilzeit arbeitet, ist in Deutschland immer noch am weitesten verbreitet. Tatsächlich wünschen sich aber viele Eltern eine gerechtere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit, zeigt eine Studie.

Der Rückgang der Geburtenrate ist im europäischen Vergleich jedoch nicht nur ein deutsches Phänomen. Angaben der Europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigen, dass die Geburtenziffern in den meisten EU-Staaten sanken. Einen besonders starken Rückgang von zehn Prozent und mehr im Vergleich zu 2021 verzeichneten 2022 demnach Estland, Irland, Tschechien, Dänemark und Finnland.

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