Können wir noch nach Spanien fahren?

von Redaktion

Mallorca, Barcelona & Co.: Proteste gegen den Massentourismus gehen in die nächste Runde

In Barcelona gingen Protestierende zuletzt mit Wasserpistolen auf Urlauber los. © Lorena Sopêna/dpa

Unmut gegen Urlauber: Auf Mallorca gehen die Proteste gegen den Massentourismus am Sonntag pünktlich zu Hochsaison weiter. Die Mallorquiner befürchten den Ausverkauf ihrer Insel. © Clara Margais/dpa

Palma – Sommer, Sonne. Strand und Meer – in Spanien ist gerade Hochsaison. Das Land ist mittlerweile das zweitbeliebteste Urlaubsland der Welt, vergangenes Jahr kamen laut offiziellen Statistiken 85 Millionen ausländische Touristen. Und in diesem Jahr sollen es noch mehr werden. Zu viele, finden immer mehr Spanier und gehen gegen den Massentourismus auf die Straße. Auf der bei Deutschen beliebtesten Ferieninsel Mallorca demonstrierten Einheimische am Sonntagabend wieder gegen die Auswüchse des Massentourismus. Zu dem Protest in der Inselhauptstadt Palma hat die Organisation „Weniger Tourismus, mehr Leben“ aufgerufen. Auch auf anderen Baleareninseln wie auf Ibiza und Menorca sind Kundgebungen geplant. Es ist bereits die dritte Demonstration dieser Art in diesem Jahr auf der Insel. Die Insel-Regierung rief die Demonstranten dazu auf, die Touristen in Ruhe zu lassen und nicht zu belästigen.

Zuletzt waren vor acht Wochen unter dem Motto „Sagen wir basta!“ und „Mallorca steht nicht zum Verkauf!“ nach Polizeiangaben rund 10 000 Menschen in Palma auf die Straße gegangen. Die Organisatoren sprachen von 25 000 Teilnehmern. Auch in anderen spanischen Touristenmetropolen wie Barcelona und Málaga sowie auf den Kanaren regt sich der Unmut gegen die Urlauber. Auch dort sind bereits tausende Menschen auf die Straßen gegangen. Auch in der Hauptstadt Madrid hat es Proteste gegeben. Für Mallorca ist der Tourismus zwar überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Und die Tourismusbranche warnt davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen.

Aber die Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiert, während die große Mehrheit Jobs mit niedrigen Gehältern in der Tourismusbranche bekommt, die nicht reichen, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Insulaner.

Auch auf dem Festland reicht es manchen mit dem Tourismusboom: In der Mittelmeermetropole Barcelona forderten Anfang des Monats mehrere tausend Demonstranten angesichts auch dort immer höherer Wohn- und Lebenshaltungskosten Beschränkungen für die Tourismusbranche. Gäste von Restaurants, die vor allem bei Urlaubern beliebt sind, wurden mit Wasserpistolen bespritzt. „Tourists go home. You are not welcome“ stand in Barcelona auf mitgeführten Plakaten. Oder: „Reduzierung des Tourismus jetzt!“

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es solche Demos auch schon in Málaga, Girona und auf den Kanaren. Nicht allein die Wohnkosten, sondern auch die Umweltbelastung, Staus, allgemeine Überfüllung, Wassermangel sowie die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung durch immer mehr Besucher nerven viele Einheimische.

Im Dörfchen Binibeca Vell auf Menorca hat man ebenfalls drastische Konsequenzen gezogen: Der Ort, den jährlich rund 800 000 Menschen besuchen, ist für Gäste künftig nur noch von 11 bis 20 Uhr geöffnet. Die Zahl der Busse, die das Dorf anfahren, wurde bereits um die Hälfte reduziert. Im August 2024 werden die Bewohner des Dorfes entscheiden, ob die Zugangsbeschränkung ausreicht oder ob sie Touristen den Besuch ganz verbieten.

Bis Ende Mai wurden schon 33,2 Millionen ausländische Touristen in dem Land mit knapp 48 Millionen Einwohnern gezählt. Schätzungen gehen davon aus, dass es bis zum Jahresende 91 Millionen Urlauber werden könnten, die rund 125 Milliarden Euro in die spanischen Kassen spülen werden. Die Hochkonjunktur beim Tourismus beschert Spanien derzeit auch wesentlich bessere Wirtschaftsdaten als zum Beispiel Deutschland.

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