Zum Vergleich: eine Kakerlake oder auch Küchenschabe. © pa
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München – Sie ist nur neun bis 15 Millimeter klein, hat aber ein großes Schreck-Potenzial: Wer zum ersten Mal eine Bernstein-Waldschabe flink über die Küchenarbeitsfläche flitzen sieht, denkt sofort: „Hilfe, Kakerlaken!“ Die Einwanderin aus Mitteleuropa sieht ihrer entfernten Verwandten, der Deutschen Schabe, auf den ersten Blick tatsächlich zum Verwechseln ähnlich, ist jedoch die Nettere aus der Familie. Rosa Albrecht, Insektenspezialistin beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz in München, erklärt zur Doppelgängerin: „Die Bernstein-Waldschabe ist kein Nahrungsschädling wie die Deutsche Schabe und überträgt auch keine Krankheiten.“
■ Anflug aus dem Süden
Die Bernstein-Waldschabe stammt aus dem südlichen Mittelmeerraum, schaffte jedoch im Zuge der „Globalisierung und des Klimawandels“, so Rosa Albrecht, den Sprung über die trennenden Alpen. Zur Jahrtausendwende wurden die ersten Exemplare in der Schweiz gesichtet, seitdem hat sie sich „erfolgreich Richtung Norden ausgebreitet“, so Albrecht. Und mittlerweile auch Bayern erobert.
■ Auf Partnersuche
Gerade jetzt sind die hellbraunen Krabbler besonders aktiv: Im Hochsommer suchen die erwachsenen Insekten nach Nahrung und einen Partner für die Paarung. „Der Lebenszyklus der Bernstein-Waldschabe ist nicht sehr gut erforscht“, so Albrecht. Man vermutet, dass die Eier, die im Sommer und Herbst von den Weibchen gelegt werden, überwintern und sich im Frühjahr zu Nymphen entwickeln, die wiederum überwintern, bevor die Insekten ihr adultes Stadium erreichen: „Eier und Nymphen sehen wir natürlich nicht, erst wenn im Sommer die Imagos vollständig entwickelt sind, fallen sie uns auf“, so Rosa Albrecht.
■ Häuser als Todesfalle
Die Bernstein-Waldschabe wird vom Licht angezogen: Im Gegensatz zur Kakerlake will sie gar nicht bei den Menschen wohnen. Eingesperrt in vier Wänden geht sie nach ein paar Tagen zugrunde: Sie frisst ausschließlich verfaulende Pflanzen und hat an den Lebensmitteln und Vorräten in menschlichen Haushalten kein Interesse. Rosa Albrecht: „Am besten, man fängt die Exemplare mit einem Glas und trägt sie ins Freie.“ Dort können sich die Schaben als Zersetzer nützlich machen oder sind ein willkommener Snack für einen Vogel.
■ Unterschiede erkennen
Wie können Laien am besten die harmlosen Bernstein-Waldschaben und Kakerlaken unterscheiden: Zwar sehen sich die Insekten auf den ersten Blick sehr ähnlich, allerdings haben Kakerlaken zwei dunkle Längsstreifen auf dem Rücken, die bei den Bernstein-Waldschaben komplett fehlen. Rosa Albrecht rät auch zu einem Lichttest: „Die Bernstein-Waldschabe ist tag- und dämmerungsaktiv, ihr macht Licht nichts aus, während die Deutsche Schabe bei Licht flüchtet.“
■ Der Lichttest
Wer das verdächtige Tier anleuchtet, z.B. mit einer Taschenlampe oder dem Smartphone, merkt schnell, um was es sich handelt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Kakerlaken können nicht fliegen, die Bernstein-Waldschabe hebt gelegentlich ab: „Es handelt sich aber nicht um unermüdliche Flieger“, so die Biologin Rosa Albrecht: „In Wohnungen ist auch die Bernstein-Waldschabe meist auf ihren sechs Beinen unterwegs. Ich rate daher unseren Anrufern beim LBV, die sich erkundigen, was für ein Tier das sein könnte, immer zum Lichttest.“
Die Waldschabe ist also ungefährlich: Im Gegensatz dazu vermehren sich Kakerlaken rasant und können Krankheiten übertragen. Bei einem Befall sollte ein Schädlingsbekämpfer gerufen sowie Vermieter oder Hausverwaltung informiert werden.
S. STOCKMANN