Die Panda-Mama Meng Meng 2020 mit ihren früheren Zwillingen im Berliner Zoo. © Tobias Schwarz/AFP
Die kleine Schnauze eines der beiden Pandababys. © AFP
München/Berlin – Im Berliner Zoo hat die Pandabärin Meng Meng nach 2019 erneut Zwillinge geboren. Eine kleine Sensation: Denn es ist erst die zweite Pandageburt in Deutschland überhaupt. Die Jungtiere, deren Geschlecht aktuell noch nicht bestimmt wurde, wiegen 169 Gramm und 136 Gramm, sind circa 14 Zentimeter lang, nahezu nackt, taub, blind und rosa – die prägnante schwarz-weiße Fellzeichnung bekommen sie erst später.
So süß und knuffig die Pandas dann auch aussehen mögen – sie sind zugleich Instrument einer kalkulierten Machtpolitik. Denn was wenige Besucher wissen: Die in Berlin geborenen Pandas gehören nicht dem Berliner Zoo, sondern Peking. Und das gilt für alle Pandabären dieser Welt, die in Zoos leben, inklusive deren Nachkommen.
Die Volksrepublik China betreibt ihre Panda-Diplomatie bereits seit Jahrzehnten: Sie soll als Zeichen der Freundschaft und Zusammenarbeit gegenüber anderen Ländern stehen. Denn Pandabären sind für viele Zoos begehrt und ziehen viele Besucher an. Peking stellt die Bären aber auch nicht willkürlich zur Verfügung. Nur ausgewählte Länder kommen in den Genuss eines Großen Pandas und auch nur dann, wenn die Beziehungen der jeweiligen Länder mit China einen Meilenstein erreicht haben, heißt es. In der freien Wildbahn gibt es Schätzungen zufolge nur noch 2000 Exemplare des Bambusbären; in nur zehn Zoos in Europa kann man ihn aktuell sehen, Berlin ist einer davon.
Ein Geschenk ist es indes auch nicht. Seit 2007 werden die seltenen und inzwischen vom Aussterben bedrohten Pandas nur noch verliehen. Im Fall der Berliner Bären Meng Meng und Jiao Qing sind es 15 Jahre Leihgabe, beide kamen 2017 in den Zoo. Und China kassiert seither eine ordentliche Miete: Auf der Website des Zoos heißt es, dass man jährlich pro Bär 400 000 Euro an Peking zahlt – und da sind die hohen Futterkosten für den Bambus noch gar nicht mit einberechnet. Für die ersten Nachkommen Meng Mengs muss der Zoo aber nichts mehr zahlen. Pit und Paule, die die Panda-Dame 2019 zur Welt brachte, sind inzwischen wieder in China: in der Panda-Aufzuchtstation Chengdu in Sichuan.
Chinas Bären-Politik wird auch von internationalen Partnern ziemlich ernst genommen. Unvergessen bleiben die Bilder vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), wie er zum Auftakt seiner China-Reise im März dieses Jahres den Panda-Zoo in Chengdu besuchte: Die Fotos und Videos von ihm, wie er flauschige Plüschpandas abknutschte, gingen in Sozialen Medien durch die Decke. Der Spott war es ihm wert – denn China ist Bayerns wichtigster Handelspartner. Der Freistaat pflegt daher enge politische Kontakte ins Reich der Mitte. Kritiker bemängeln derweil vor allem vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs, dass sich Deutschland unabhängiger von Autokraten wie Xi Jinping machen solle.
Doch Chinas Panda-Politik wirkt. Nicht nur monetär profitiert die Volksrepublik von den Tieren. Mit der Panda-Diplomatie setzt Peking seine Interessen weltweit durch. Das zeigt allein schon der Prozess der Namensgebung der Pandas: Noch fehlen den Baby-Zwillingen in Berlin Namen. Sie werden erst nach enger Absprache mit chinesischen Vertretern vergeben. Damit hat sich China nicht immer beliebt gemacht – so hat etwa zuletzt 2005 der Inselstaat Taiwan Panda-Bären des Nachbarn abgelehnt, die die Namen „Tuan Tuan“ und „Yuan Yuan“ tragen sollten – was übersetzt so viel bedeutet wie „Einheit“. China sieht Taiwan als abtrünnige Provinz und will eine Vereinigung erzwingen, notfalls mit Gewalt. Im Jahr 2008 gab Taiwan dann aber doch nach und nahm die Pandas an.
Die Bären-Taktik geht also auf, wenn auch erst mit der Zeit. China hat jedenfalls keine Eile dabei, schließlich wird ein Panda bis zu 30 Jahre alt.
LISA METZGER