Kulturminister Gennaro Sangiuliano. © EPA/FERRARI
Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida. © EPA/FERRARI
Giorgia Meloni (r.) mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten Andrea Giambruno. Beide trennten sich 2023 und haben eine gemeinsame Tochter. © ipa-agency.net/Imago
Rom – Die Sommer-Bilanz der Regierung von Giorgia Meloni kann sich sehen lassen. Das betrifft vor allem die Abteilung Klatsch und Tratsch sowie die Ver- und Entwicklungen der nach strengeren Maßstäben zu trennenden Sphären Regierungsarbeit und Privatangelegenheiten.
Ende August gab Melonis Schwester Arianna, Generalsekretärin der Partei Fratelli d‘Italia sowie engste politische Vertraute der Premierministerin, die Trennung von ihrem Ehemann bekannt. Eigentlich keine politisch bemerkenswerte Sache, handelte es sich dabei nicht um Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida, genannt „Lollo“. Man werde von nun an getrennte Wege gehen, verstehe sich vor allem politisch aber weiterhin bestens, verkündete Melonis Schwester.
Inzwischen hält bereits eine neue Affäre die italienische Öffentlichkeit, aber auch die Ministerpräsidentin auf Trab: Kulturminister Gennaro Sangiuliano hat es sich offenbar mit seiner Geliebten verscherzt. Auch dies eigentlich Privatsache, stünde nicht eine Nominierung der betreffenden Dame als Sonderberaterin des Ministeriums im Raum. Der 62 Jahre alte, verheiratete Minister und seine „blonde Dame aus Pompeji“, wie sie die Zeitung „Corriere della Sera“ maliziös nennt, dementieren sich gegenseitig in der Öffentlichkeit. Es ist nicht ganz einfach, den jeweiligen Entwicklungen zu folgen. Kleinere politische Erdbeben in der Regierung nicht ausgeschlossen.
Am 26. August trat Maria Rosaria Boccia, wie die Dame heißt, zum ersten Mal ins Bewusstsein der italienischen Öffentlichkeit. Damals bedankte sich die 41-Jährige aus Pompeji bei Neapel auf Instagram für ihre Nominierung als Beraterin des Ministers für „große Events“. In zwei Wochen steht ein von Italien organisiertes Gipfeltreffen der G-7-Kultusminister an, in Boccias Heimatstadt Pompeji. Der Zwist entspannt sich, als das Ministerium Boccias Nominierung dementierte. Doch die kaltgestellte Influencerin begann ihren Rachefeldzug. Seither vergeht kein Tag, an dem Boccia nicht Fotos in den sozialen Netzwerken veröffentlicht. Entweder von sich und dem Minister oder von E-Mails aus dem Ministerium mit vermeintlich vertraulichen G-7-Dokumenten oder ominösen Audiodateien.
Meloni bestellte ihren Kulturminister am Montag zum Rapport und ließ sich versichern, dass Boccia keinen Zugang zu sensiblen Daten habe – etwa zu den Fahrtwegen der G7-Minister in Pompeji – und auch dass kein Cent an Steuergeldern für ihre Dienste aufgewendet worden sei. Sangiuliano erklärte der Regierungschefin, er habe die 41-Jährige zunächst zu seiner Beraterin machen wollen, es sich dann aber anders überlegt. Italienische Medien spekulieren, Sangiulianos Ehefrau, Frederica Corsini, hätte die Nominierung unterbunden, was den Zorn der Betroffenen entfachte.
Die Opposition verlangt bereits Sangiulianos Rücktritt. Denn es ist nicht das erste Fettnäpfchen, in das der schrullige Kulturminister und frühere Fernsehdirektor tappte. Einmal gab er an, die Bücher eines wichtigen Literaturpreises, bei dem er über den Sieger mitbestimmte, gar nicht gelesen zu haben. Ein andermal behauptete er, Christopher Columbus habe sich bei der Entdeckung Amerikas an den Kenntnissen des erst 72 Jahre später geborenen Galileo Galilei orientiert.
Meloni und ihr Mann trennten sich 2023
Maria Rosaria Boccia, in den Medien als „Kommunikatorin“ bezeichnet, wäre nicht die erste Frau, die mächtige Männer in Italien um den Verstand gebracht hat. Silvio Berlusconi lässt grüßen. Im Bunga-Bunga-Komplex war es allerdings ein ganzer Harem, der die Frage aufwarf, wie viel Kontrolle der Regierungschef des Landes noch über sich selbst hat.
Ministerpräsidentin Meloni sind solche Ausschweifungen jedenfalls nicht zuzutrauen. Vor einem Jahr gab sie ihrem Lebensgefährten und Vater ihrer Tochter per Instagram den Laufpass. Seither ist es um ihr Liebesleben still geworden.
J. MÜLLER-MEININGEN