Auf diesem Archivfoto von 1945 sieht man die Verwüstung nach dem Abwurf der Atombombe in Hiroshima. 80 Prozent der Stadt wurden zerstört, © Uncredited/dpa
Kiyoshi Yoshikawa: Sein Rücken ist verbrannt. © Str/AFP
Tomoyuki Mimaki, Co-Vorsitzender von Nihon Hidankyo.
„Fat Man“: Der Pilz der Atombombe von Hiroshima, die die Stadt in eine tödliche Hölle verwandelte. © Str/AFP
Stockholm – Sie ist die Stimme der Atomwaffen-Opfer: Die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo erhält den diesjährigen Friedensnobelpreis. Das teilte das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo mit. Die Bewegung, die 1956 von Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gegründet wurde, bekomme die Auszeichnung für ihre Bemühungen um eine nuklearwaffenfreie Welt, sagte der Komiteevorsitzende Jorgen Watne Frydnes. Nihon Hidankyo habe mit ihrem Engagement maßgeblich dazu beigetragen, dass der Einsatz von Atomwaffen jahrzehntelang als Tabu galt.
„Es ist deshalb alarmierend, dass dieses Tabu des Einsatzes von Nuklearwaffen heute unter Druck steht“, so Frydnes. „Die Atommächte modernisieren ihre Arsenale und rüsten sie auf.“ Weitere Länder strebten den Besitz von Atomwaffen an. Darüber hinaus gebe es in derzeitigen Kriegen Drohungen, diese Waffen einzusetzen – „die zerstörerischsten Waffen, die die Welt jemals gesehen hat“.
Der Ko-Vorsitzende von Nihon Hidankyo, Toshiyuki Mimaki, reagierte überrascht und sichtlich gerührt auf die Auszeichnung. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass dies geschehen könnte“, sagte Mimaki am Freitag vor Reportern in Japans Hauptstadt Tokio mit Tränen in den Augen.
Über dem Zentrum Hiroshimas hatte der US-Bomber „Enola Gay“ am Morgen des 6. August 1945 eine Atombombe mit dem harmlos klingenden Namen „Little Boy“ abgeworfen. Eine zweite Bombe traf drei Tage später Nagasaki. Es waren die ersten Atomwaffenangriffe der Kriegsgeschichte – und bislang die einzigen.
Zur Zeit des Bombenabwurfs hielten sich etwa 350 000 Menschen in Hiroshima auf, überwiegend Zivilisten. Innerhalb von Sekunden machten eine Druckwelle sowie eine Hitzewelle von mindestens 6000 Grad die Stadt zu einer lodernden Hölle. Etwa 80 Prozent von Hiroshima wurden zerstört. Schätzungsweise mehr als 70 000 Menschen starben auf einen Schlag in Hiroshima, bis Ende 1945 waren es schon 140 000.
Der führende Friedensforscher Dan Smith hält die Kür der japanischen Organisation Nihon Hidankyo zum diesjährigen Friedensnobelpreisträger für gelungen. Zum einen werde der Fokus wirklich auf die menschlichen Auswirkungen des Atomwaffengebrauchs gerichtet, zum anderen ein Schlaglicht auf die derzeitigen internationalen Beziehungen und Spannungen gerichtet, sagte der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri.
Nach der Vergabe des Friedensnobelpreises an die japanische Anti-Atomwaffenorganisation Nihon Hidankyo hat die Bundesregierung nukleare Abrüstung angemahnt. Die Arbeit der Organisation erinnere daran, „dass wir alles daransetzen müssen, die Bedingungen für eine Welt ohne Nuklearwaffen zu schaffen“, so Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).