Diesem Mann fehlen 39 Jahre seines Lebens

von Redaktion

Italiener kann sich nach Unfall in Rom an nichts mehr erinnern

Luciano d‘Adamo fing vor Schreck an zu schreien, als er sich mit grauen Haaren sah. © Privat

Rom – Die eigene Hochzeit, der 11. September, der Fall der Mauer, zwei Fußball-Weltmeisterschaften für Italien – alles vergessen: Dem heute 67-jährigen Italiener Luciano d’Adamo fehlt infolge eines Verkehrsunfalls nach eigenem Bekunden die Erinnerung an 39 Jahre seines Lebens. Durch den Unfall erlitt er nach Feststellung der Ärzte eine Amnesie – verlor also große Teile seines Gedächtnisses. Jetzt arbeitet er auch mithilfe von Psychologen daran, sich in seiner Umgebung wieder zurechtzufinden. An Handys, den Euro und andere Dinge musste er sich erst wieder gewöhnen.

D’Adamo wurde 2019 auf dem Heimweg von der Arbeit am Flughafen Rom, wo er zum Bodenpersonal gehörte, von einem Auto erfasst. Dabei verlor er das Bewusstsein. Beim Aufwachen im Krankenhaus kurz danach war er überzeugt davon, dass er sich im Jahr 1980 befindet, 24 Jahre alt ist und noch bei seinen Eltern lebt, wie er der Zeitung „Il Messaggero“ berichtete. Weder seine Frau noch seinen Sohn erkannte er wieder. Als er sich zum ersten Mal im Spiegel sah – einen Mann mit weißen Haaren –, habe er aufgeschrien, erzählte der Römer dem Fernsehsender Rai.

Im Krankenhaus bat er auch darum, seine Mutter zu informieren. Dann sei jedoch eine vermeintliche Fremde ins Zimmer gekommen. „Sie nannte mich Luciano. Und ich habe mich gefragt, woher sie meinen Namen kennt.“ Das war seine Frau. Später habe sich ein 35-jähriger Mann vorgestellt – sein Sohn. D’Adamo erinnert sich an seine damaligen Gedanken so: „Wie kann ein Mann, der lange vor mir geboren wurde, mein Sohn sein? Und welche Frau denn? Ich war nicht verheiratet, aber verlobt, und zwar nicht mit dieser Frau, die fast 60 sein musste, sondern mit einem 19-jährigen Mädchen.“

Seither ist der Italiener darum bemüht, sein bisheriges Leben zu rekonstruieren, auch mit Hilfe von Familie und Freunden – was ihm allerdings große Mühe bereitet. Auch bei Fotos muss er oft passen. „Ab und zu treffe ich jemanden, der mich grüßt“, berichtete er dem „Messaggero“. „Das muss ein alter Freund sein. Aber ich weiß nicht, wer er ist. Also tue ich aus Höflichkeit so, als ob ich ihn erkenne und erwidere den Gruß.“

Den Ärzten zufolge, so die Zeitung, hat d’Adamo begriffen, dass er große Teile seines Lebens als Erwachsener nicht mehr zurückbekommen wird: „Er hat widerwillig akzeptiert, dass er kein Junge mehr ist, dass er nicht mehr wie früher die Treppe hochlaufen kann. Mit Intelligenz und viel gutem Willen hat er Stück für Stück gelernt, in einer völlig neuen Welt zu leben und zu arbeiten, die es zu entschlüsseln gilt.“ Heute arbeitet er als Hausmeister in einer Schule.

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