Hier schockte Romy die TV-Nation

von Redaktion

Heute vor 50 Jahren: Der Skandal-Flirt der Filmdiva mit einem Bankräuber

Alle auf dem Sofa: Romy plauderte mit Talkmaster Dietmar Schönherr (re.) und Hansjürgen Rosenbauer (M.).

In der Bundesrepublik war Romy Schneider zuvor vor allem als unschuldige Sissi bekannt. © imago/Granata Images

Ein Flirt, der für Schlagzeilen sorgte: Romy Schneider legte bei einem Talkshow-Auftritt ihre Hand auf den Arm des verurteilten Bankräubers Burkhard Driest. © Horst Ossinger/dpa

Köln – Man stelle sich vor, Angela Merkel ginge ins Dschungelcamp. Vielleicht nicht ganz so, aber eine sensationelle Sache war es schon, als Rosemarie Magdalena Albach, bekannt als Filmschauspielerin Romy Schneider, am 30. Oktober 1974 in einem deutschen TV-Studio Platz nahm – in der Talkshow „Je später der Abend“, moderiert von Dietmar Schönherr. Sie sorgte für einen legendären Moment der deutschen Fernsehgeschichte.

Romy Schneider hatte sich damals rargemacht im deutschsprachigen Raum – nun, zwei Tage bevor ihr Film „Le Train – Nur ein Hauch von Glück“ in westdeutschen Kinos startete, hatte sie diesen Auftritt in der WDR-Talkshow. Schneider, damals in Frankreich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, war von der Côte d‘Azur nach Köln gekommen.

Im Laufe der Sendung legte die gebürtige Wienerin dem Ex-Bankräuber, Autoren und Schauspieler Burkhard Driest eine Hand auf den Lederjacken-Arm und sagte mit ihrem unvergleichlichen Schmelz: „Sie gefallen mir, Sie gefallen mir sehr.“ Knistern im Studio, Empörung auf vielen Sofas der Bundesrepublik.

Zuvor hatte Schönherr Driest auf dessen Banküberfall als Jura-Student im Jahr 1965 angesprochen. Für den hatte Driest mehrere Jahre im Zuchthaus verbracht. Ob er seine Tat politisch verstanden habe, wollte Schönherr wissen. Driest führte aus: „Für mich ist politisch nicht, ob jemand sich sagt, dieses, was ich jetzt tue, nenne ich politisch. Für mich ist politisch, wenn es im Kontext gesellschaftlichen Handelns geschieht.“ So sei beispielsweise ein Streik politisch. „Aber wenn ich persönlich jetzt beschließe, Herrn Brandt ein Ei an den Kopf zu werfen, dann ist das nicht politisch. Sondern das ist: unanständig. Oder: ungezogen.“

Daraufhin sagte Schneider ihr „Sie gefallen mir, Sie gefallen mir sehr“, wozu man vielleicht wissen muss: Der SPD-Politiker Willy Brandt, den Schneider verehrte, war etwa ein halbes Jahr vorher vom Amt des Bundeskanzlers zurückgetreten.

Driest, der im Herbst 1974 am Schauspielhaus Bochum unter Peter Zadek für das Tennessee-Williams-Stück „Endstation Sehnsucht“ probte, hatte über seine Zeit im Knast ein Buch geschrieben. „Die Verrohung des Franz Blum“ war auch verfilmt worden und im März damals in der ARD gelaufen. Breitbeinig, mit offenem Hemd saß er da, markierte den Macker. Romys Bemerkung und Berührung adelte ihn geradezu. Die Diva und der Bürgerschreck.

Der kleine Moment löste große Fantasien aus. Hatten die beiden nach der Show was miteinander? Der im Jahr 2020 mit 80 Jahren gestorbene Driest sagte Jahre später, da sei was gelaufen; da war Schneider aber längst tot (sie starb 1982 mit 43 Jahren).

Nach der Show bekam sich nicht nur die Klatschpresse kaum ein, auch „Der Spiegel“ bezeichnete die Schauspielerin noch Tage nach dem Auftritt als „Venus“. „Sie kam in jenem Schwarz, das Damen ins Dämonische hinüberzüngeln lässt.“

„Keine Fragen über mein Privatleben“, hatte sich „La Schneider“ vorab ausbedungen. Doch Fragen zum Zustand ihrer Ehe mit dem deutschen Regisseur Harry Meyen oder zu ihrem Pariser Alltag waren in der Talkshow gar nicht nötig, um Skandalstoff zu produzieren. Die in der größtenteils piefigen Bundesrepublik meist noch weinerlich als Ex-„Sissi“ bezeichnete Filmlegende irritierte Zuschauer mit ihrem Auftritt, dem aus Frankreich mitgebrachten Glamour und der zugleich schüchternen Art.

„Ich bin wirklich nervös im Moment und das ist nicht mein Metier“, sagte sie über das Fernsehen und das Talk-Format. Talkmaster Schönherr kämpfte geradezu darum, das Gespräch am Laufen zu halten. Und wenn sie sich nun vorstelle, dass das eine Rolle wäre? „Ja, das wär leichter.“

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