Jugendgewalt in Neapel eskaliert

von Redaktion

Entsetzen über drei erschossene Jugendliche innerhalb von zwei Wochen

Touristen meiden manche Viertel: Menschen stehen versammelt vor der Vela Celeste, einer nicht einfachen Siedlung im Stadtteil Scampia. © Laporta/kontrolab/dpa

Neapel – Es begann als ein banaler Streit um einen schmutzig gewordenen Schuh: In einem Vorort von Neapel tritt ein Teenager einem anderen auf dessen 500-Euro-Schuh einer italienischen Luxusmarke. Die Situation eskaliert, es kommt zu wüsten Beschimpfungen und einem Handgemenge. Der 19-jährige Santo R. geht dazwischen, um zu schlichten – am Ende trifft den jungen Torwart einer Fußballmannschaft die Kugel einer Pistole mitten in die Brust.

Der mutmaßliche Täter – ein 17-Jähriger, der erst wenige Monate zuvor aus dem Jugendgefängnis entlassen worden war – fährt daraufhin weg. Als wäre nichts gewesen, trifft er sich mit Freunden in einer Bar in dem Ausgehviertel Chiaia in Neapel zum Trinken.

Innerhalb von 17 Tagen wurden in Neapel und einem Vorort der süditalienischen Großstadt drei Teenager erschossen: erst der 15-jährige Emanuele T., dann Santo R. und am vergangenen Wochenende der 18-jährige Arcangelo C. Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich ebenfalls um gleichaltrige Teenager. Die Zivilgesellschaft wirkt hilflos und resigniert.

Die Kaltblütigkeit und Skrupellosigkeit der jüngsten Vorfälle schockieren die Menschen. Wurden zuvor Messer oder Schlagstöcke mitgeführt, sind es nun Pistolen. Es mehren sich die Berichte, dass bei Streit leichtfertig die Pistole gezückt und benutzt wird. Neapel kämpft seit geraumer Zeit wegen Gewalt und Kriminalität mit einem schlechten Image. Gewalttätige Übergriffe und Diebstahl sind seit langem ein Problem. Oft werden Touristen davor gewarnt, bestimmte Viertel, vor allem am Rande der Stadt, zu besuchen. Dazu zählen vor allem Scampia und Secondigliano, bekannt für die Machenschaften der Mafia. Die Jugend habe die Hoffnung verloren.

Indes besuchte Italiens Innenminister Matteo Piantedosi nach den drei tödlichen Vorfällen Neapel. Er kündigte einen Plan gegen die zunehmende Jugendgewalt an: mehr Polizisten an berüchtigten Orten des Nachtlebens und mehr Überwachungskameras in der Innenstadt. Viele in Neapel zweifeln, ob das reicht.
ROBERT MESSER

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