Vatikanstadt – Wer einen Papst operieren darf, der ist eigentlich über alle Zweifel erhaben. Nicht so Sergio Alfieri. Der Chefchirurg des berühmten Gemelli-Krankenhauses in Rom hat bereits zweimal Papst Franziskus operiert, muss sich nun aber wegen Meineids vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Rom hat ihre Ermittlungen abgeschlossen und den Star-Chirurgen angeklagt, Falschangaben zu den von ihm durchgeführten Operationen gemacht und dafür abkassiert zu haben.
Die Ermittler stellten fest: In 29 Fällen fand sich Alfieris Unterschrift im OP-Register des Krankenhauses, der Chirurg selbst war aber gar nicht vor Ort. Das ergaben Abgleiche mit Alfieris Smartphone. Auch die Daten seines Zugangs-Badge als Arzt deuteten auf den Betrug hin. In einem Fall, einer von ihm nicht durchgeführten Operation, soll Alfieri 4000 Euro vom Gesundheitssystem kassiert haben. Darauf hätte er als federführender Operateur Anrecht gehabt – wenn er denn tatsächlich operiert hätte.
Auch fünf Kollegen sowie eine Kollegin Alfieris müssen sich vor Gericht verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, die Unterschrift Alfieris im OP-Register gefälscht zu haben. Eine anonyme Anzeige im Februar 2023 brachte die Ermittler auf Alfieris Spur. Daraufhin wurden die Operationen überprüft. Ein Betrug wurde erstmals im August 2022 festgestellt. Laut Register befand sich Alfieri im OP-Saal des Gemelli, in Wahrheit weilte er in der Toskana. In anderen Fällen war der Star-Arzt in Rom und Mailand unterwegs oder bei einem Kongress.
Würden sich die Vorwürfe bestätigen, wäre der Papst dann einem Hochstapler aufgesessen? Alfieri gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Magen- und Darmchirurgie. Den Papst hatte er erstmals im Juli 2021 nach einer Divertikulitis sowie ein zweites Mal im Juni 2023 erneut in der Bauchgegend operiert. Alfieri, der Professor an der Heilig-Kreuz-Universität in Mailand ist und in Vatikangremien sitzt, war Schüler des Chirurgen Francesco Crucitti, der dreimal Papst Johannes Paul II. operiert hatte.
Die Meldung über die Anklage des Chirurgen streift erneut das Thema der Gesundheit von Papst Franziskus, dem zweitältesten amtierenden Papst der Geschichte. Er wird am 17. Dezember 88 Jahre alt und hatte in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Leiden. Bei der Generalaudienz gestern auf dem Petersplatz in Rom wirkte der wegen eines Knieleidens gehbehinderte Franziskus hingegen fidel. Vergangene Woche bestimmte Franziskus neue Regeln für Papst-Beerdigungen, seine eigene inklusive. So sollen gewisse Rituale vereinfacht und von Pomp befreit werden. Statt in drei Särgen wird der Leichnam nur noch in einem simplen Holzsarg im Petersdom aufgebahrt und anschließend begraben werden. Franziskus verfügte, in seiner römischen Lieblingskirche, der Basilika Santa Maria Maggiore, beigesetzt zu werden.
JULIUS MÜLLER-MEININGEN