Die Angeklagten vor Gericht: Schuldbewusst wenden sie sich während der ersten Prozesstage von den anwesenden Fotografen ab. © EPA/BORRAS
Palma – Es sollte ein unbeschwerter Partyurlaub mit einem Freund werden. Doch nach ein paar unterhaltsamen Stunden am Ballermann verloren sich die zwei jungen Männer aus den Augen – und wenig später lag einer von ihnen tot auf der Autobahn. Wie es im Oktober 2022 zu dem schrecklichen Tod eines 20-jährigen Deutschen aus Hessen kam, wird seit Donnerstag vor dem Gericht in Mallorcas Hauptstadt Palma verhandelt. Angeklagt sind zwei Männer im Alter von 36 und 44 Jahren – für die Ermittler ist klar: Es war kein tragischer Unfalltod, sondern Mord.
Laut Polizei sollen die beiden Männer den 20-Jährigen ausgeraubt und kurze Zeit später auf der Autobahn MA-19 Richtung Palma, unweit der Playa de Palma, aus dem Wagen geschmissen haben. Er wurde von einem nachfolgenden Auto überfahren. Ob er zu diesem Zeitpunkt bereits tot oder nur bewusstlos war, ist noch unklar.
Der Todesfall stellte die Ermittler lange vor ein Rätsel: Da der 20-Jährige an jenem Abend mit einem Freund auf der Feiermeile Ballermann in Palma unterwegs gewesen war, gingen die Polizisten anfangs davon aus, dass sich der Deutsche nach der Partynacht im betrunkenen Zustand selbst auf die Autobahn verirrte. Der junge Mann hatte 2,41 Promille Alkohol im Blut. Ermittlungen ergaben aber, dass die Strecke in der Zeit für einen Fußgänger zu weit gewesen sei.
Erst durch Auswertung von Kameraaufnahmen kamen Ermittler den mutmaßlichen Tätern und ihrem Fahrzeug auf die Spur. Im Oktober 2023 wurden die beiden verhaftet. Ein Augenzeuge, der an jenem Abend direkt hinter dem Fahrzeug der mutmaßlichen Täter fuhr, soll sich laut Ángeles Ruiz, dem Chef der Mordkommission, über die merkwürdige Fahrweise des Transporters gewundert habe. Der Mann habe die Spur daraufhin gewechselt und kurz darauf gesehen, wie an jenem späten Abend des 8. Oktober 2022 ein Mensch aus dem Lieferwagen auf die Fahrbahn geworfen worden sei. „Er fiel wie ein Sack Kartoffeln“, sagte der Zeuge selbst vor dem Landgericht Palma. Ob der Urlauber da bereits tot war, ist unklar. Ebenso, wie er in den Wagen kam.
Auf einer Überwachungskamera sei zu sehen, wie er nach seinem Begleiter sucht und noch einen Döner gekauft habe, bevor er dann nahe seinem Hotel von einem Lieferwagen mitgenommen worden sei. Ob dabei Gewalt angewendet wurde, sei auf den Aufnahmen nicht zu sehen. Nur drei Minuten, nachdem er aus dem Bild verschwand, wurde der Deutsche den Ermittlungen zufolge anderthalb Kilometer weiter gegen 22.30 Uhr auf der Autobahn überfahren.
Laut Verteidigung wollten die beiden Männer den Touristen lediglich in sein Hotel bringen, doch der 20-Jährige sei plötzlich selbst aus dem Wagen gesprungen. Allerdings befindet sich das Hotel, in dem der Deutsche damals unterkam, nur 100 Meter vom Ballermann entfernt. Die Männer aber seien in die gegensätzliche Richtung gefahren. Die Anklage geht davon aus, dass es im Lieferwagen einen Kampf gab.
Die Anwälte der Angeklagten wehrten sich gegen diese These. Doch die Staatsanwaltschaft hält deren Aussagen für wenig glaubhaft. Dass der Mann selbst aus dem Lieferwagen gesprungen sei, sieht auch die Anwältin der Angehörigen und der Familie des Opfers, Maria Barbancho, für dubios: „Es ist kein besoffener Deutscher bei einem Unfall aus dem Lieferwagen gestürzt. Es war ein grausamer Mord“, sagte sie zum Beginn des Prozesses. Die Anklage fordert eine Haftstrafe von je 25 Jahren. Der Prozess soll nun rund zwei Wochen dauern.