Gisèle Pelicot verlässt nach dem Schlusswort ihres Peinigers Dominique das Gerichtsgebäude. © Clement Mahoudeau/AFP
Avignon – Zum Abschluss des aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozesses in Avignon hat der geständige Serienvergewaltiger Dominique Pelicot seine Familie um Verzeihung gebeten. „Ich möchte zunächst den Mut meiner Frau würdigen“, sagte der Hauptangeklagte am Montag in seinen Schlussworten vor Gericht. Er bitte seine Frau und seine ganze Familie, „meine Entschuldigung anzunehmen“. Seine Ex-Frau Gisèle Pelicot verzichtete auf eine Reaktion. Die Urteile nach dem dreieinhalbmonatigen Prozess sollen am Donnerstag verkündet werden.
Nur etwa 15 der 50 Mitangeklagten baten die dutzendfach im Zustand der Betäubung vergewaltigte Gisèle Pelicot zum Abschluss des Prozesses um Verzeihung. „Mir ist klar, was ich Ihnen angetan habe“, sagte ein 51-Jähriger. Ein 68-Jähriger beschränkte sich auf ein „Pardon, Madame“.
Ein weiterer Angeklagter, der sechsmal die Einladung von Dominique Pelicot zur Vergewaltigung seiner Frau angenommen hatte, kündigte an, „aus Respekt vor dem Opfer“ nicht in Berufung zu gehen, „um ihr einen weiteren Prozess zu ersparen“. Andere Angeklagte nutzten ihre letzte Stellungnahme, um erneut ihre Unschuld zu beteuern. „Ich bin selber Opfer einer Manipulation durch Dominique Pelicot“, sagte ein 54-Jähriger. Ein weiterer beklagte sich, der Prozess habe ihn „krank gemacht“.
Gisèle Pelicot saß allein auf ihrem Platz im Gerichtssaal. Keines der drei Kinder war anwesend, um die Schlussworte ihres Vaters anzuhören. Als die 72-Jährige den Gerichtssaal verließ, wurde sie wie üblich mit respektvollem Beifall der Gerichtsbesucher empfangen.
Die Richter zogen sich anschließend zur Beratung zurück. Die Urteile über Dominique Pelicot und die 50 Mitangeklagten sollen am Donnerstag, spätestens am Freitag verkündet werden. Von den Angeklagten befinden sich bislang 32 auf freiem Fuß.
Die Staatsanwaltschaft hat für Dominique Pelicot die Höchststrafe von 20 Jahren Haft gefordert. Er hatte gestanden, seine Frau fast zehn Jahre lang immer wieder mit Schlafmitteln betäubt und im Internet zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Für die 50 Mitangeklagten, von denen einer flüchtig ist, fordert die Staatsanwaltschaft Haftstrafen zwischen vier bis 18 Jahren.
Die Verteidigung hingegen fordert für einen großen Teil der Männer, die Gisèle Pelicot im Zustand der Bewusstlosigkeit missbraucht hatten, einen Freispruch. Mehrere Anwälte erklärten, ihre Mandanten hätten keine Vergewaltigungsabsicht gehabt. Sie seien überzeugt gewesen, sich an einem Sexspiel eines freizügigen Paares zu beteiligen. Die Staatsanwältin Laure Chabaud erklärte indes: „Im Jahr 2024 kann niemand mehr sagen: ‚Sie hat nichts gesagt, also war sie einverstanden‘.“