Gerechtigkeit für Gisèle Pelicot

von Redaktion

Ex-Mann der Französin in Avignon zu 20 Jahren Haft verurteilt

Caroline, die Tochter des Paares.

Dominique Pelicot hat die Taten gestanden und sich bei seiner Familie entschuldigt. © Pasquier/dpa

Sie hat den Tätern, darunter dem Mann, mit dem dem sie Jahrzehnte verheiratet war, die Stirn geboten und Justizgeschichte geschrieben: Gisèle Pelicot. © Mahoudeau/dpa (3)

„Alle Frauen der Welt unterstützen Sie. Danke, Gisèle“, steht auf dem Plakat dieser Frau vor dem Gericht.

Überall in Avignon sind an den Hauswänden Graffiti, die Gerechtigkeit für Gisèle Pelicot fordern. © Medina/AFP

Avignon – Im aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozess von Avignon ist der Hauptangeklagte Dominique Pelicot zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter sprachen den 72-Jährigen am Donnerstag der schweren Vergewaltigung seiner früheren Frau schuldig. Pelicot hatte seine mittlerweile geschiedene Frau Gisèle fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt und im Internet zur Vergewaltigung angeboten.

Alle 50 Mitangeklagten wurden ebenfalls schuldig gesprochen und zu Gefängnisstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt. Dabei blieben die Richter teilweise hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück. Bei zwei der Mitangeklagten wurde die Haft zur Bewährung ausgesetzt.

Am Ende von Pelicots Haftzeit soll über eine mögliche Sicherungsverwahrung entschieden werden. Die Anwältin des 72-Jährigen erklärte, ihr Mandant wolle in den kommenden Tagen entscheiden, ob er in Berufung gehe. Pelicot wurde zudem schuldig gesprochen, heimlich Fotos und Videos seiner Frau, seiner Tochter und Schwiegertöchter aufgenommen zu haben.

Insgesamt konnten die Ermittler etwa 200 Vergewaltigungen der bewusstlosen Gisèle Pelicot nachweisen. Der Prozess gilt wegen der Zahl der Angeklagten, der Brutalität der Taten und vor allem wegen des Muts von Gisèle Pelicot als historisch. Die 72-Jährige hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, „damit die Scham die Seite wechselt“.

Während Dominique Pelicot seine Taten von Beginn an gestanden hatte, hatten die Anwälte der Mitangeklagten ihre Mandanten mit teils haarsträubenden Argumenten verteidigt. Viele der Männer erklärten, sie seien überzeugt gewesen, sich an einem Sexspiel eines freizügigen Paares beteiligt zu haben.

Keiner der Mitangeklagten hatte ein Problem damit gehabt, dass die während der Taten mitunter sogar schnarchende Gisèle Pelicot offensichtlich nicht in der Lage war, ihre Zustimmung zum Geschlechtsverkehr zu geben. Es gab sogar den Erklärungsversuch, dass die Anwesenheit ihres Ehemannes ausreichend gewesen sei, um ihre Zustimmung vorauszusetzen.

Zum Ende des Vergewaltigungsprozesses von Avignon hat die Französin Gisèle Pelicot ihren Kampf allen „unbekannten Opfern“ von sexualisierter Gewalt gewidmet. „Ich denke an die Opfer, die nicht bekannt sind, und deren Geschichten oft im Dunkeln bleiben“, sagte die 72-Jährige nach der Urteilsverkündung am Donnerstag in Avignon. „Sie sollen wissen, dass wir den gleichen Kampf führen.“ Sie habe sich zu einem öffentlichen Prozess entschlossen, „damit die Gesellschaft die Debatten aufnimmt, die dort geführt werden“, sagte sie. „Ich habe diese Entscheidung nie bereut“, bekräftigte sie. Der Prozess sei eine „sehr schwere Prüfung“ für sie gewesen. Sie sei „sehr mitgenommen“ und denke in erster Linie an ihre Kinder und Enkel. Gisèle Pelicot bedankte sich bei allen, die sie unterstützt hatten: „Sie haben mir die Kraft gegeben, jeden Tag vor Gericht zu erscheinen“, sagte sie. Die am Donnerstag verkündeten Urteile akzeptiere sie.

Auch weltweit erregte das Verfahren großes Aufsehen. „Vergewaltigungen betreffen Frauen in der ganzen Welt, deshalb schaut auch die ganze Welt auf das, was hier passiert“, sagte Ghislaine Sainte Catherine von der feministischen Vereinigung Les Amazones d‘Avignon.

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